Post by Rudolf GelpkeIm Zusammenhang von Experimenten mit verschränkten Teilchen zum Zwecke
der Übermittlung von Information zur Erzeugung kryptographischer
Schlüssel habe ich u.a. Anton Zeilinger davon Sprechen hören, die
'einzelnen Photonen' seien zirkular polarisiert.
Kann ein einzelnes Photon zirkular polarisiert sein?
freilich.
Post by Rudolf GelpkeDas kann ich mir
(als Laie) nicht vorstellen.
eigentlich sollte es einfacher sein, sich ein zirkular polarisiertes
Photon vorzustellen - mit der zirkularen Polarisation hängt nämlich
der Spin zusammen. Ein rechtszirkulares Photonen hat eine eindeutige
Spinkomponente von +1 in Ausbreitungsrichtung, ein linkszirkuläres
Photon ein Spinkomponente von -1. D.h. beim rechtszirkulären Photon
zeigt der Spin in Ausbreitungsrichtung, beim linkszirkulären in
Gegenrichtung.
Ein linear polarisiertes Photon ist eine Superposition aus den beiden
Spinorientierungen, d.h. seine Spinstellung ist unbestimmt.
Post by Rudolf GelpkeDenke ich an zirkulare Polarisation, dann
stelle ich sie mir vor als die Überlagerung mindestens zweier linear
polarisierter Photonen mit zueinander orthogonaler Polarisationsebene,
parallelen Wellenvektoren, und einer Phasenverschiebung um 1/2 pi.
das lässt die Frage aufkommen, wie du dir ein linear polarisiertes
Photon vorstellst. Ein Photon ist ein Anregungszustand einer Mode des
elektromagnetischen Strahlungsfeldes. So eine Mode kann eine lineare
oder eine zirkuläre Polarisation haben. Die zu einer zirkulär
polarisierten Mode gehörenden Feldkonfigurationen (klassische EM-
Wellen mit durch die Mode vorgegebener Ausbreitungsrichtung,
Wellenlänge und Polarisation) kann man sich als Überlagerung jeweils
zweier Feldkonfigurationen aus zwei linear polarisierten Moden
vorstellen. Das sagt aber nichts über die Anregbarkeit, also die
Erzeugbarkeit von Anregungszuständen (=Photonen) der jeweiligen Moden
aus.
Möglicherweise stellst du dir ein linear polarisiertes Photon als
einen klassischen Wellenzug mit linearer Polarisation vor, und kommst
davon ausgehend zu der Ansicht, dass für zirkuläre Polarisation dann
mindestens zwei Photonen erforderlich wären, da eine zirkuläre
klassische Welle durch zwei linear polarisierte Wellenzüge darstellbar
ist. Eine so einfache Identifikation eines Photons mit einem
klassischen Wellenzug ist aber nicht korrekt.
Zu einem Einphotonenzustand gehören ganz viele klassische
Feldkonfigurationen, nämlich alle, die der jeweiligen Mode angehören.
Das äußert sich z.B. in einer Unbestimmtheit der Phase in einem
Zustand eindeutiger Photonenzahl. Der Unterschied zwischen einem
Einphtonenzustand und einem Zwei- oder Mehrphotonenzustand besteht nur
in der mittleren Amplitude der beitragenden Feldkonfigurationen. Das
mittlere Amplitudenquadrat steigt linear mit der Zahl der Photonen an.
Eine nützliche Vorstellung ist der Vergleich einer Mode mit einem
eindimensionalen quantenmechanischen harmonischen Oszillator. Zwei
Moden mit gleichem Wellenvektor, aber unterschiedlicher linearer
Polarisation, ergeben dann einen zweidimensionalen harmonischen
Oszillator. Klassisch gibt bei diesem Oszillator zwei
Schwingungsrichtugen, die Schwingung kann entweder linear sein oder
eine Kreisschwingung, entsprechend linearer oder zirkulärer
Polarisation. Quantenmechanisch ergeben sich zwei Quantenzahlen n1 und
n2, die den Anregungsgrad in der jeweiligen Richtung und die Energie
E_{n1,n2} = (n1 + n2) hbar omega
angeben. Der Zustand |n1,n2> = |0,0> entspricht dem Vakuumzustand, der
Zustand |1,0> einem linear polarisierten Photon in der ersten
Richtung, und |0,1> einem linear polarisierten Photon in der zweiten
Richtung. Diese beiden Einphotonzustände |0,1> und |1,0> kann man nun
auf verschiedene Weise superponieren, u.a. auch so, dass eine
zirkuläre Polarisation, entsprechend einer Kreisschwingung des
zweidimensionalen Oszillators, herauskommt. Da die superponierten
Zustände Einphotonzustände sind, ist auch der resultierende Zustand
mit zirkulärer Polarisation ein Einphotonzustand.
Man kann den Oszillator auch noch auf andere Weise beschreiben, statt
mit den Quantenzahlen n1 und n2, die an ein kartesisches
Koordinatensystem angelehnt sind, mit einer Hauptquantenzahl n und
einer Nebenquantenzahl, entsprechend einem Polarkoordinatensystem. Die
Hauptquantenzahl gibt dann die Gesamtanregung des Oszillators an:
E_n = n hbar omega
Zu der Hauptquantenzahl n=1 lassen sich dann mehrere Werte für die
Nebenquantenzahl finden, die verschiedenen linearen und zirkulären
Polarisationen entsprechen. Da in allen Fällen n=1 gilt, sind all
diese Zustände Einphotonzustände.
Post by Rudolf GelpkeMir fällt nicht ein, warum sich die Polarisationsebene eines einzelnen
Photons im leeren Raum (oder in einem optisch isotropen Medium) mit der
Zeit drehen sollte.
überleg dir einfach, warum sie das bei einer klassischen zirkulär
polarisierten Welle tut: das kommt einfach daher, dass ein zirkulär
polarisierte Welle eine Lösung der Maxwell-Gleichungen im Vakuum ist.