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Post by Johann Maarich will mal fragen, wie gefährlich eigentlich ein 230V Kabel mit
blanken Enden in einem Schwimmbecken, einem mittleren See, einem
Hafenbecken oder im Meer ist. Halte ich sowas in die Badewanne und
jemand liegt darin, ist mir klar, er wird liegen bleiben.
Mir ist das nicht klar.
Post by Johann MaarDoch wie
verhält sich das in größeren Gewässern. Können 230V da noch viel
ausmachen bei einer üblichen Stromversorgung/Sicherungsschutz einer
solchen Leitung?
Was passiert überhaupt mit Menschen im größeren Gewässer, werden diese
zwangsläufig "durchströmt"?
Zunächst einmal ist Wasser ein ziemlich schlechter Leiter, so daß die
bei 230 V auftretenden Stromstärken relativ gering sind, jedenfalls
bei "normalen" Elektrodengrößen (z. B. ein paar Zentimeter
haushaltsübliche abisolierte Leitung). Da kommt bestimmt keine
Sicherung und wahrscheinlich (und das kann man mit etwas Vorsicht
relativ gefahrlos selbst ausprobieren) auch kein RCD
(<http://de.wikipedia.org/wiki/Fehlerstromschutzschalter>), womit die
Frage nach der Gefährdung schon weitgehend beantwortet wäre: Wenn der
Strom so klein ist, daß das nicht einmal das RCD auslöst, dann wird
der Proband das unangenehm finden und schleunigst türmen, aber
keineswegs ableben.
(Übrigens hätte ich aus reiner Neugier eigentlich ein Interesse daran,
so etwas mal im Selbstversuch, also mit mir als Versuchsperson, zu
erproben, wie sich das denn anfühlt, wenn man in der Wanne sitzt und
bei irgendwelchen realistischen Versuchsanordnungen die Spannung und
damit die Stromstärke langsam gesteigert wird, und ab wann das
unangenehm wird, aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß
entsprechend qualifizierte Leute (Mediziner und E-Techniker) an
solchen Versuchen ernsthaft interessiert sind, und das ohne Assistenz
zu machen, ist mir einfach zu gefährlich.)
Übrigens sind Sanitärinstallation heutzutage oft relativ gut isoliert
- die Wanne selbst ist innen mit Emaille oder Kunststoff beschichtet,
und der Abfluß ist oft aus Kunststoff (und selbst wenn er aus Metall
sein sollte, ist die Erdung der Wanne nach den VDE-Vorschriften nicht
mehr vorgeschrieben), da würde zwar das Wasser mit dem Badenden auf
"heißem" Potential liegen, aber dennoch gar kein Strom fließen, also
auch nichts Ungesundes passieren (auch das kann man daheim leicht
selbst nachmessen). Bloß den Wasserhahn sollte man dann nicht
anfassen, der könnte an einem geerdeten Metallrohr angeschlossen sein
(wobei Wasserleitungen auch nicht immer elektrisch durchgehend
verbunden sind, man baut zwecks Korrosionsschutz oft Isoliermuffen ein
- kann man auch daheim nachmessen).
Sind die besonderen Vorsichtsmaßnahmen gegen Stromschläge im
Sanitärbereich nun übertrieben und unbegründet? Nein, sind sie
natürlich nicht: Die Schädigung entsteht nicht durch die Spannung,
sondern durch den fließenden Strom, und der hängt vom vorhandenen
Widerstand ab. Bei einem Elektrounfall liegen drei Widerstände in
Reihe: der oft unbekannte, meistens niedrige äußere Widerstand des
Stromkreises, der relativ hohe Widerstand der Haut und der geringere
Widerstand des Körperinneren. Der höchste Widerstand bestimmt den
fließenden Strom maßgeblich, und das ist der Hautwiderstand, und
natürlich hängt der von der Berührfläche ab: Ein leichtes
punktförmiges Antippen des spannungsführenden Leiters ist bei
Niederspannung relativ harmlos und tut bloß ein bißchen weh,
gefährlich sind großflächigere Berührungen und vor allem das Umgreifen
eines Stromleiters, weil die durch den Strom ausgelösten
Verkrampfungen das willkürliche Loslassen verhindern.
Nun wird der Hautwiderstand im nassen Zustand aber ungefähr eine
Größenordnung kleiner, zudem hüpft man in Sanitärräumen oft wenig
bekleidet rum, und damit hat eine gefährliche Durchströmung einfach
eine statistisch viel größere Chance, auch eine Hautfläche zu
kontaktieren (wenn man sich mit einer trockenen Hose auf einen
"elektrischen Stuhl" setzt, also eine an Niederspannung angeschlossene
Metallplatte, hat man eine relativ gute Chance, das überhaupt nicht zu
merken, weil fast gar kein Strom fließt - mit dem nackten Hintern gäbe
das "gebratenen Schinken"). Daher sind die Schutzvorkehrungen
natürlich sinnvoll.
Übrigens sollte man evtl. noch wissen, daß die Schutzmaßnahmen nicht
absolut verhindern sollen, daß man Stromschläge bekommen kann, sondern
nur eine gefährliche Durchströmung verhindern, wobei angenommen wird,
daß die Gefährdung darin besteht, daß ein kurzer Stromfluß durch das
Herz eine letale Arrhythmie
(<http://de.wikipedia.org/wiki/Kammerflimmern>) auslöst - trotz
funktionierendem RCD kann man also z. B. durchaus auf der Leiter
stehend "eine gewischt" kriegen und sich dann durch einen dadurch
verursachten Sturz erheblich verletzen, das verhindert das RCD genauso
wenig, wie es die Stromstärke begrenzt; es löst (spätestens) aus, wenn
der Fehlerstrom größer als 30 mA ist, aber bis zum Abschalten kann er
theoretisch beliebig groß sein. Zu der Gefahr des Kammerflimmerns
kommt aber im Wasser noch die Gefahr des Ertrinkens dazu - außerhalb
des Wassers bewußtlos zu werden, ist i. a. unschädlich, im Wasser
dagegen gewöhnlich tödlich.
Die Hauptgefahr im Wasser würde ich jedenfalls weniger in der
Stromleitung durch das Wasser sehen, sondern darin, einen
spannungsführenden Leiter direkt zu berühren, weil dann erstens an der
Berührstelle wegen der Nässe der Übergangswiderstand klein ist und
zweitens eine große Hautoberfläche (im Quadratmeterbereich) trotz der
schlechten Leitfähigkeit des Wassers als ausreichende Gegenelektrode
wirkt.
Also: Wenn man in der Wanne sitzt und [$Miststück|$Volltrottel] den
Fön reingeworfen hat, nicht etwa panisch zum Wasserhahn greifen und
sich hochziehen, sondern mit spitzen Fingern die Anschlußleitung
greifen und ihn wieder aus der Wanne rausbefördern, bevor man zu
weiterem schreitet. (Mit der Leitung den Stecker aus der Wand zu
rupfen ist auch ziemlich undumm.)
Man kann sich auch anders doof anstellen: An meiner Karre war ein
Stecker zerbrochen, also habe ich einen neuen angelötet. Dann habe ich
den Lötkolben aus der Dose der Verlängerungsleitung rausgezogen und
auf dem Betonfußboden der Tiefgarage zum Abkühlen abgelegt und dann
meinen Rüssel unter die Haube gesteckt, um die Elektrik wieder
zusammenzufummeln - das dauerte ein bißchen, aber gelang natürlich.
Und anschließend wunderte ich mich dann, wieso denn der Lötkolben in
meiner Schuhsohle steckte - gemerkt hatte ich nichts, wurde nicht mal
angenehm warm...
Gruß aus Bremen
Ralf
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R60: Substantive werden groß geschrieben. Grammatische Schreibweisen:
adressiert Appell asynchron Atmosphäre Autor bißchen Ellipse Emission
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