Post by |||jens|||Wenn ein Positron in der Blasenkammen ein Elektron einfängt, dann sollte
doch dieses Duo schnurgerade durch die Kammer fliegen!? Das kann es doch
nicht sein, oder?
Wenn es erst mal eins einfaengt, kann das passieren. Es bildet sich
Positronium, und das saust geradeaus, bis es seinserseits mit
irgendwas zusammenstoesst, und dadurch entweder wieder getrennt wird
oder annihiliert.
Post by |||jens|||Verhält es sich so: dass das Positron durch Stöße Elektronen
herausschlägt und dass es dabei nicht auf der Stelle annihiliert,
(weil die Energie der Stoßpartner noch zu groß ist?)
Du uebersiehst da einen Aspekt: "Stoss" ist hier nicht mechanisch, wie
bei Billiardkugeln, zu verstehen sondern als Wechselwirkung ueber
elektrogmagnetische Felder. Zur Annihilation braucht es aber deutlich
innigeren Kontakt als zu einem solchen Stoss. Deshalb kann das
Positron sehr viele Stoesse machen, bevor es so viel Energie verloren
hat, dass es lange genug in der Naehe eines Elektrons bleibt, dass es
mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zur Vernichtung kommt.
In heutigen Experimenten der Teilchenphysik fliegen Positronen
durchaus mehrere Meter durch Gas und diverse (duenne) Festkoerper, und
werden erst in einer fetten Lage Blei gestoppt und annihiliert. Diese
Brems-Kloetze sind so ausgeruestet, dass die Energie-Freisetzung aus
der Annihilation und verwandten Reaktionen gemessen werden kann, und
heissen "Kalorimeter".
Nur sehr langsame Teilchen (um 100 MeV/c Impuls) in recht speziellen
Flugrichtungen "spiralisieren" sichtbar durch einen modernen Detektor.
Und wenn sie das tun, ist das meistens unerwuenscht, weil sie so sehr
viele "Treffer" auf digitalen Datenaufnahmesystemen verursachen, die
die Auslesecomputer gruendlich verwirren koennen. Sie bilden einen
laestigen Spezialfall mehr, den die Analysesoftware handhaben muss.
Post by |||jens|||Stimmt die Vorstellung, dass schnelle Teilchen seltener Zerstrahlen
als langsame???
Nicht ganz. Annihilation ist ein Prozess, and dem *zwei* Teilchen
beteiligt sind, und sie muessen dazu einigermassen nah beieinander
sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Annihilation stattfindet,
faellt stark mit dem Abstand, und im Wesentlichen proportional zur
Verweildauer bei gegebenem Abstand. Wenn also die zwei Teilchen eine
sehr hohe Geschwindigkeit relativ zu einander haben, haben sie
insbesondere nur *sehr* kurzzeitig einen kleinen Abstand, und deshalb
kommt es nur selten zur Vernichtung. Sie haben, wenn man so will,
nicht genug Zeit, sich einander vorzustellen und das Patschehaendchen
zu geben, und deshalb merken sie nicht, was passieren wuerde, wenn sie
das taeten.
Anders gesagt: zwei schnelle Teilchen koennen prima miteinander
zerstrahlen, wenn sie nah parallel nebeneinander herfliegen, aber wenn
sie einander entgegenkommen, ist das sehr unwahrscheinlich. Wenn ein
Positron durch "ruhende" normale Materie flitzt, kommt ihm praktisch
alles entgegen, und deshalb findet es keinen Partner zur Annihilation.
--
Hans-Bernhard Broeker (***@physik.rwth-aachen.de)
Even if all the snow were burnt, ashes would remain.