Discussion:
kanonischer Impuls
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Marcus Fischer
2005-08-13 07:18:53 UTC
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Hallo alle zusammen,

könnt Ihr mir kurz erklären, was ein kanonischer Impuls ist? Je mehr ich
darüber lese, desto verwirrter werde ich :-(

Danke und schöne Grüße,
Marcus.
Roland Franzius
2005-08-13 10:16:57 UTC
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Post by Marcus Fischer
Hallo alle zusammen,
könnt Ihr mir kurz erklären, was ein kanonischer Impuls ist? Je mehr ich
darüber lese, desto verwirrter werde ich :-(
Die kinetische Energie bzw das Quadrat der Ruhemasse in der speziellen
Relativitätstheorie ist ein Quadrat in den Tangentialvektoren v ds =
dx/ds ds an eine Kurve x(s), deren Koeffizient man Langrangfunktion nennt,

L= m/2 dx/ds . dx/ds =1/2 v^2

mit der jeweiligen quadratischen Form mit m und s=t oder m^2 und s=tau
Eigenzeit=Kurvenlänge. Also kann man schreiben

L = v dL/dv - L

und p=dL/dv, die Ableitung der Energie nach der Geschwindigkeit p
taufen. Dann gilt i.a. so etwas wie

p=dL/dv -> v=p/m

und man hat voila

L= p^2/(2m)

die Langrangefunktion statt in Geschwindigkeit in Ableitung der Energie
nach der Geschwindigkeit, genannt kanonischer Impuls, ausgedrückt. Das
nennt man allgemein eine Legendretransformation und ist ein wichtiges
Hilfsmittel zur Transformation von Differntialgeleichungen höherer
Ordung auf Systeme erster Ordnung in kanonischer Form.

Aber ohne die Nutzanwendungen der Hamiltionschen kanonischen Mechanik
insbesondere in der Anwendung auf die Quantentheorie, in der es keine
elementare Geschwindigkeitdefinitin gibt, weil es für Felder keine
Trajektorien gibt, nützt der Formalismus wenig. Der kanonische Impuls
"transportiert" die Variable x:

x+h = x + h (dp/dp dx/dx - dp/dx dx/dp)

mit der Poissonklammer mit Argument # kann man das so schreiben

f(x+h,p) = exp( h Poisson[ p,#])(f(x,p))

Der kanonische Impuls verschiebt also als Erzeugende der Translation in
x-Richtung um h jede Funktion, die in den kanonisch konjugierten
Variablen x,p mit Poissonklammer 1 ausgedrückt wird. Mit der
Geschwindigkeit funktioniert das ia nicht. Dieser Mechanismus ist auch
komplett unabhängig von der Wahl der Koordinaten in jeder Dimension.
--
Roland Franzius
Marcus Fischer
2005-08-16 06:19:34 UTC
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Vielen Dank! Genau so eine Erklärung habe ich gesucht! Ich habe den Nolting
und den Cohen-Tanoudji durchwühlt, aber nirgends eine einfache für mich
logische Definition bzw. anschauliche Erklärung gefunden.
Vielen Dank noch einmal.

Schöne Grüße,
Marcus.
Post by Roland Franzius
Post by Marcus Fischer
könnt Ihr mir kurz erklären, was ein kanonischer Impuls ist? Je mehr ich
darüber lese, desto verwirrter werde ich :-(
Die kinetische Energie bzw das Quadrat der Ruhemasse in der speziellen
Relativitätstheorie ist ein Quadrat in den Tangentialvektoren v ds = dx/ds
ds an eine Kurve x(s), deren Koeffizient man Langrangfunktion nennt,
L= m/2 dx/ds . dx/ds =1/2 v^2
mit der jeweiligen quadratischen Form mit m und s=t oder m^2 und s=tau
Eigenzeit=Kurvenlänge. Also kann man schreiben
L = v dL/dv - L
und p=dL/dv, die Ableitung der Energie nach der Geschwindigkeit p taufen.
Dann gilt i.a. so etwas wie
p=dL/dv -> v=p/m
und man hat voila
L= p^2/(2m)
die Langrangefunktion statt in Geschwindigkeit in Ableitung der Energie
nach der Geschwindigkeit, genannt kanonischer Impuls, ausgedrückt. Das
nennt man allgemein eine Legendretransformation und ist ein wichtiges
Hilfsmittel zur Transformation von Differntialgeleichungen höherer Ordung
auf Systeme erster Ordnung in kanonischer Form.
Aber ohne die Nutzanwendungen der Hamiltionschen kanonischen Mechanik
insbesondere in der Anwendung auf die Quantentheorie, in der es keine
elementare Geschwindigkeitdefinitin gibt, weil es für Felder keine
Trajektorien gibt, nützt der Formalismus wenig. Der kanonische Impuls
x+h = x + h (dp/dp dx/dx - dp/dx dx/dp)
mit der Poissonklammer mit Argument # kann man das so schreiben
f(x+h,p) = exp( h Poisson[ p,#])(f(x,p))
Der kanonische Impuls verschiebt also als Erzeugende der Translation in
x-Richtung um h jede Funktion, die in den kanonisch konjugierten Variablen
x,p mit Poissonklammer 1 ausgedrückt wird. Mit der Geschwindigkeit
funktioniert das ia nicht. Dieser Mechanismus ist auch komplett unabhängig
von der Wahl der Koordinaten in jeder Dimension.
--
Roland Franzius
Norbert Dragon
2005-08-15 13:25:44 UTC
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* Marcus Fischer schreibt
Post by Marcus Fischer
könnt Ihr mir kurz erklären, was ein kanonischer Impuls ist? Je mehr ich
darüber lese, desto verwirrter werde ich :-(
Was hast Du denn darüber gelesen?

Impuls = Masse * Geschwindigkeit oder

Impuls = m v / Wurzel(1-v^2/c^2) oder

Der kanonisch konjugierte Impuls zu q ist die partielle Ableitung der
Lagrangefunktion L(q, q_Punkt, t) nach q_Punkt.

Welche der drei Impulsdefinitionen verwirren Dich?
--
Aberglaube bringt Unglück

www.itp.uni-hannover.de/~dragon
Marcus Fischer
2005-08-16 06:45:50 UTC
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Mir ist die Definition nun endlich näher gekommen, nur beim Sinn hapert es
noch ein bißchen ;-)

Warum nehme ich z.B. für den Hamilton-Operator eines freien Teilchens in
einem Magnetfeld den kanonischen Impuls? Im Allgemeinen nehme ich doch den
"normalen" kinetischen Impuls, wenn ich mir z.B. Drehimpulse in der
Quantenmechanik anschaue, oder?
Post by Marcus Fischer
Hallo alle zusammen,
könnt Ihr mir kurz erklären, was ein kanonischer Impuls ist? Je mehr ich
darüber lese, desto verwirrter werde ich :-(
Danke und schöne Grüße,
Marcus.
Roland Franzius
2005-08-16 07:06:17 UTC
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Post by Marcus Fischer
Mir ist die Definition nun endlich näher gekommen, nur beim Sinn hapert es
noch ein bißchen ;-)
Warum nehme ich z.B. für den Hamilton-Operator eines freien Teilchens in
einem Magnetfeld den kanonischen Impuls? Im Allgemeinen nehme ich doch den
"normalen" kinetischen Impuls, wenn ich mir z.B. Drehimpulse in der
Quantenmechanik anschaue, oder?
Die Lösung der Probleme der Mechanik und der Quantenmechanik zerfällt in
zwei Teile: Die Systemdefinition benutzt die Stoßgesetze, dh sie stützt
sich auf die lokale Impulserhaltung sum m_i v_ vorher = sum m_ v_i
nacher bei Kräften mit Gesamtimpulserhaltung. Das liefert zB im
Magnetfeld die Energie (nur kinetisch)

E = 1/ m v^2

Das System ist aber im Magnetfeld keineswegs frei. Geladene Massenpunkte
werden nicht auf Geraden sondern Kreisen transportiert. Die
Ortsverschiebung als Lösung der Bewegungsgleichung muss also einen
anderen Impulsbegriff benutzen, den kanonischen, und das ist kein
Impuls, sondern ein Differentialoperator, der nur ohne Magnetfeld mit
dem kinetischen Impuls zusammenfällt.

Der kanonische Impuls löst den 2. Teil des machanischen Problems, den
mathematischen, nämlich paare von Koordinaten und partiellen
Ableitungen nach diesen Koordinaten bereitzustellen, die auch im Fall
von Wechselwirkung lineare Probleme elementar und nichtlineare Probleme
durch analytische Reihenansätze lösbar zu machen. Der kanonische Impuls
im Magnetfeld oder sogar bei Feldfreiheit und trivialem Vektorpotential
hat keinerlei physikalische Bedeutung, kann aber bei geschickter Wahl
der Koordinaten und Vektorpotentiale ein Problem in lösbare ungekoppelte
Systeme gewöhnlicher Differentialgleichungen transformieren.

Also : mv Stoßimpuls im Erhaltungssatz
p= m v + e A Differentialoperator mit Differentiation =
Poissonklammer.
--
Roland Franzius
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