Moin,
Post by Heinz BlümlMan beginnt damit, Fische technisch nachzubauen, und bemerkt
dabei, dass, genauso wie es lebende Fische auch tun, durch
angepasste Bewegungen die Widerstände sich ziemlich
verringern lassen. Die von Schauberger beobachteten Forellen
im eiskalten Wasser (die Temperatur dürfte bei desen
Grenzschichtvorgängen eine grosse Rolle spielen) zeigen die
Problematik deutlich.
Richtig. Nur daß ich das mit dem kalten Wasser noch für etwas
gewagt halte. Schließlich bleibt einem Naturbeobachter nur die
Beobachtung, man kann die Forelle schlecht fragen, warum sie
sich so oder so verhält. Sprich es bleibt offen, ob das kalte
Wasser nicht einfach nur die Bewegung einer Forelle beeinflußt
in einem allein biologisch erklärbarem Maße, der mit Mechanik
und Strömungslehre nichts zu tun hat.
Post by Heinz BlümlPost by Roland DammDer zweite: ich vermisse irgendwie vollkommen die
Viskosität.
Ich meine, dass die Viskosität nicht der Weisheit letzter
Schluss ist, bei sich bewegenden Objekten (Fischen), aber
auch bei starren Objekten ist das Grenzschichtverhalten
keineswegs isotrop.
Sicher, gerade bei Fischen kommt da natürlich noch die ganze
Dynamik dazu. Ein Schiff dagegen zappelt nicht so rum, aber
der Seegang ist für ein Schiff auch nicht zu vernachlässigen.
Grundsätzlich lassen sich solche Phänomene durch die
Navier-Stokes-Gleichungen beschreiben. Aber diese mögen
natürlich auch nur wieder eine Vereinfachung sein. Merken tut
man das bei Strömungsberechnungen im Hyperschallbereich. Da
muß man diese Gleichungen noch um ein paar nichtlineare
Schmutzeffekte erweitern. Ob man das bei Fisch/Wasser auch
machen müßte, weiß ich nicht. Ich weiß aber, daß die
N-S-Gleichungen auch so schon zu kompliziert sind, als daß man
sie in realen Problemen analytisch lösen könnte. Es hat
sozusagen niemand eine Verwendung für genauere Gleichungen:-)
Und selbst diese linearisierte vereinfachte Darstellung ist ja
schon oftmals unlösbar und deshalb behilft man sich eben gerne
damit, daß man das Gesamtproblem in voneinander unabhängige
Teilprobleme zerlegt. Dann muß man natürlich schon noch
begründen/beweisen können, daß diese Teilprobleme unabhängig
sind. Ich denke da gerade an die Tragflügelberechnung, wo man
den Flügel in seine Skelettlinie und seine nicht gewölbte
Tropfenform zerlegt. Eventuell noch das Skelett in angestellte
ebene Platte plus nichtangestellte gewöbte Platte. Die Praxis
hat gezeigt, daß diese Stückelung des Problems zu erträglichen
Fehlern führt, theoretische Berechnungen und praktische
Versuche liefern sehr schöne übereinstimmung. Allerdings mit
einer Einschränkung: So kann man einen Flügel nur berechnen,
wenn er 'vernünftig' ist. Aber etwas anderes will ein Ingeniör
ja auch gar nicht.
Was die Forelle angeht, hier sehe ich so ein bischen das
Problem der allgegenwärtigen menschlichen Überheblichkeit. Man
wundert sich, mit wie wenig Energieverbrauch so eine Forelle
schwimmen kann. Ein Mensch kann ein ähnlich effektiv
arbeitendes Gerät noch nicht konstruieren. Also machen jetzt
viele Leute die egoistische Schußfolgerung, daß sich die
Forelle einen Effekt zunutze macht, den wir Menschen noch
nicht kennen. So kann man der Enttäuschung aus dem Weg gehen,
daß es die Forelle eben einfach nur 'besser drauf hat'. Diese
Einstellung findet man IMO bei vielen Außenseitertheorien. Nur
weil man sich die Bauten von historischen Kulturen nicht ohne
schwere Baumaschinen vorstellen kann, postuliert man gleich
einen übernatürlichen Effekt. Oder bei der Forelle eben. Oder
oder oder. Man traut sich nicht zuzugeben, daß man es trotz
Kenntnis aller Naturgesetze nicht schafft einen Fisch
nachzubauen und redet sich damit heraus, daß dieser Fisch ja
etwas nutzt/oder einen Trick kennt, der uns Menschen noch
vollkommen unbekannt ist. Ich finde, diese Tendenz ist ganz
schön Chauvinistisch.
Post by Heinz BlümlIch glaub nicht, dass man bei solch diffizilen Betrachtungen
mit so einfachen. linearen Faktoren auskommen kann, sondern
eine Gesamtbetrachtung anstellen muss, wo viel mehr eingeht,
als Fläche und Viskosität.
Das habe ich ja auch schon gesagt. Der Ingeniör würde das
Problem in drei Teilprobleme zerlegen. Den Druckwiderstand,
den Widerstnad aufgrund Scherspannungen/Viskosität und den
Widerstand wegen der Wellen. Um überhaupt etwas rechnen zu
können, berechnet man diese drei Teilprobleme unabhängig
voneinander. Aber man weiß genau, daß diese Rechnung niemals
so zuverlässig ist, daß man es sich leisten könnte, daraufhin
etliche Millionen auszugeben ohne nicht vorher wenigstens ein
Modell gebaut und getestet zu haben. Man macht das, weil man
erstens weiß, daß die vereinfachte Berechnung nicht exakt ist
und zweitens um sicherzustellen, daß man nicht irgendeinen
Quereffekt übersehen hat. Beispiele für großartige technische
Fehlleistungen gibt es genug. Die Unsinkbarkeit der Titanic
wurde falsch eingeschätzt und die Erbauer der Tacoma-Brücke
wären auch nie auf die Idee gekommen, bei den Aerodynamikern
nachzufragen. Man rechnet eben praktischerweise nur mit den
bekannten und funktionierenden Näherungen. Sicherheitshalber
kommt dann noch ein Modellversuch, aber selbst der kann
wichtige Sachen übersehen. Die von dir geforderte
Herangehensweise mit einem Gesamtkonzept das alles
berücksichtigt, ist praktisch leider nicht durchführbar. Gut,
man wird immer besser dank größerer Computer kann man heute
schon ein Flugzeug mit N-S durchrechnen und nicht wie
AnnoDazumal mit extrem vereinfachten Formeln.
Daß man erst heute Laminarprofile im Flugzeugbau als State of
the Art bezeichnen kann und daß aktive Profilverstellungen bei
Tagflügeln heute immer noch Laborstatus haben, ist allein der
technischen Weiterentwicklung zu verdanken, bessere Rechner
und bessere Meßtechnik im Windkanal. Die Strömungsmechanik
einer Forelle komplett zu berechnen (und dabei nicht die
vielen kleinen und großen Regelkreise in der Forelle
vergessen), übersteigt die derzeitigen technischen
Möglichkeiten ganz gewaltig. Und genau deshalb sollte man
vorsichtig sein, wenn man der Forelle die Nutzung bisher
unerforschter Phänomene unterstellt. Bevor man etwas neues
postuliert, sollte man erst mal nachweisen können, daß die
bisher bekannten Naturgesetze als Erklärung für eine
Beobachtung nicht ausreichen. Ach ja, und mit 'man' ist
natürlich irgendwer gemeint, nicht man selbst. 'man' kan viles
beobachten, was 'man' nicht mit dem eigenen Kenntnisstand der
Wissenschaften erklären kann - das heißt aber noch längst
nicht, daß niemand das erklären kann.
Und natürlich nicht vergessen: jede Beobachtung kann auch ein
Meßfehler, eine Fehlinterpretation oder sonst etwas sein.
CU Rollo
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Hier entsteht in Kürze eine neue Sig-Präsenz.