Post by Niels GierseHallo NG,
ich komme mit einem Projekt nicht weiter: Für ein Chaos-Seminar wollen
wir die Flugbahn des Mondes Hyperion berechnen. Dafür wäre es von
unschätzbarem Wert die Bahnkurve eines Planeten nach Kepler als
Zeitfunktion, also r(t) und phi(t) zu haben und nicht die übliche Form
r(phi). Hat jemand einen Literaturtipp oder kann mir die Formel angeben?
Hallo Niels,
Du suchst eine Parametrisierung der Bahnkurve mit Hilfe der Zeit.
Diese laesst sich aber im Allgemeinen nicht explizit mit den elementaren
Funktionen hinschreiben.
Roland hat Dir in etwa einen Loesungsweg geschildert (aber Achtung, er
hat unterwegs das L_z und m vernachlaessigt!).
Jedenfalls hast Du eine Differenzialgleichung
r(\phi)^2 d \phi = C dt
mit einer Konstanten C.
Damit folgt durch Integration
C * t = \int r(\phi)^2 d \phi + const.
wobei \int eine Stammfunktion (mit Argument \phi) liefert, zum Beispiel
die von Roland genannte. Die Konstante const ist dann aus dem
Anfangswinkel \phi(t_0) zur Anfangszeit t_0 zu ermitteln.
Durch Umstellen lautet die resultierende Funktion etwa
t = F(\phi).
Nun ist die Funktion F auf eine Riemannsche Flaeche fortsetzbar, wo sie
analytisch ist.
Du suchst aber nicht t = F(\phi) sondern eine Umkehrfunktion von F,
\phi = G(t).
Lokal (im Kleinen) sieht die Riemannsche Flaeche so aus wie eine
kleine OFFENE Kreisscheibe K2 in der komplexen Zahlenebene.
Man wendet daher lokal den folgenden Satz ueber Umkehrfunktionen aus der
Funktionentheorie an:
Ist F eine analytische Funktion K2 -> F(K2), die auf K2 injektiv ist,
dann besitzt F eine eindeutige analytische Umkehrfunktion
G: F(K2) -> K2,
und man erhaelt G(t) durch folgendes Integral:
G(t) = 1 / (2 pi i) *
\int_{Kreisrand von K1} \phi F'(\phi) / ( F(\phi) - t) d\phi
wobei K1 eine ABGESCHLOSSENE Kreisscheibe ist, die ganz in der offenen
Scheibe K2 drinnenliegt, und t ein Punkt in F(K1) ist.
Bemerkungen:
a) Die Bedingung t aus F(K1) kann man durch eine Abschaetzung ueberpruefen.
b) Statt der Kreissscheiben K2 und K1 kann man auch eine offene einfach
zusammenhaengende Menge D2 und eine abgeschlossene ganz in D2 liegende
einfach zusammenhaengende Menge D1 mit hinreichend bravem Rand nehmen.
Das Integral geht dann ueber den Rand von D1.
Nun ueberdecke man ausgehend vom Startwert \phi(t_0) sukzessive die
auftretenden \phi-Werte durch Kreisscheiben K2, sodass obiger Satz
angewendet werden kann, und wertet die Integrale zB. numerisch aus.
(NB: Moeglicherweise kann man die Umkehrfunktion G lokal mit
elliptischen Funktionen explizit hinschreiben; um das zu ueberpruefen
fehlt mir jetzt leider die Zeit...)
MfG
Andreas