Discussion:
Magnus-Effekt beim Golfball oder Auto
(zu alt für eine Antwort)
Florian Edlhuber
2003-11-27 09:27:49 UTC
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Hallo,

Mich würde mal folgendes interessieren:

Die Oberfläche eines Golfballs hat ja Dellen und die beeinflussen die
Flugeigenschaften des Balles positiv weil - so habe ich gehört - die
Luftverwirbelungen geringer sind. Laut Recherche im Internet nennt man
das Magnus-Effekt.

Wäre das nicht auch auf andere Flächen anzuwenden? z.B. bei einem Auto
um den Luftwiderstand und Verwirbelungen zu verringern? Oder
funktioniert der Magnus Effekt nur auf runden Objekten?

Ich denke u.a. auch an die "Haifischhaut-Oberfläche" die nicht glatt ist
sondern rauh um Reibung zu verringern. Wäre sowas evtl. auch anwendbar
bei Autos/Flugzeugen etc?

Ciao,
Flo
Irenaeus Wlokas
2003-11-27 10:13:15 UTC
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Post by Florian Edlhuber
Die Oberfläche eines Golfballs hat ja Dellen und die beeinflussen die
Flugeigenschaften des Balles positiv weil - so habe ich gehört - die
Luftverwirbelungen geringer sind. Laut Recherche im Internet nennt man
das Magnus-Effekt.
Wäre das nicht auch auf andere Flächen anzuwenden? z.B. bei einem Auto
um den Luftwiderstand und Verwirbelungen zu verringern? Oder
funktioniert der Magnus Effekt nur auf runden Objekten?
Ich denke u.a. auch an die "Haifischhaut-Oberfläche" die nicht glatt ist
sondern rauh um Reibung zu verringern. Wäre sowas evtl. auch anwendbar
bei Autos/Flugzeugen etc?
So im Groben:

Du hast paar Sachen verwechselt. Magnus-Effekt laesst sich mit der
Theorie reibungsfreier Stroemungen erklaeren als ueberlagerung eines
Dipols, ener Parallelstroemung und eines Potentialwirbels. Das
Ergebnbis ist u.a. eine Kraft senkrecht zur Anstroemrichtung und die
laesst Baelle um die Ecke fliegen oder treibt das Fletner-Rotor Schiff
an.

Die Dellen im Golfball oder die 'Haifischhaut' nutzen Effekte
reibungsbehafteter Stroemung, vor allem die der 'turbulenten
Grenzschicht'. Durch die Dellen (oder auch einen 'Stolperdraht')
wird der Umschlag vor laminar zu turbulent hin zu kleineren
Reynoldszahlen verschoben. Im falle des Golfballs ist dadurch
das Totwassergebiet hinter dem Ball kleiner und somit der
Druckwiderstand auch. Fuer den Zusammenhang zwischen dem
Widerstandsbeiwert und der Reynoldszahl findest du in fast jedem
Buch ueber Stroemungsmechanik ein (sehr anschauliches) Diagramm.

Gruss, I. Wlokas
Steffen Breitbach
2003-11-27 11:09:06 UTC
Permalink
Post by Florian Edlhuber
Wäre das nicht auch auf andere Flächen anzuwenden? z.B. bei einem Auto
um den Luftwiderstand und Verwirbelungen zu verringern? Oder
funktioniert der Magnus Effekt nur auf runden Objekten?
Das säh ja ma geil aus!
Gesenkter Luftwiderstand gepaart mit gesenkten Verkaufszahlen, eh? :o)

Bis denn...
Steffen
--
KTM LC4 600 Enduro (0Mm) - (noch) namenlos, aber laut
Yamaha FZS600 (13Mm) - Die Crash^WDrehorgel, verkauft
Honda CB450N (15Mm) - Das Überraschungsei, verkauft
Squid% 20,6; KBA-Score 3; KoMA#810; dlisugc#810; ***@IRC
Roland Damm
2003-11-27 14:37:45 UTC
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Moin,
Post by Florian Edlhuber
Wäre das nicht auch auf andere Flächen anzuwenden? z.B. bei
einem Auto um den Luftwiderstand und Verwirbelungen zu
verringern? Oder funktioniert der Magnus Effekt nur auf
runden Objekten?
Wie schon gesagt, das ist nicht der Magnuseffekt. Aber das mit
den runden Objekten ist nicht verkehrt. Durch die Dellen wird
die Strömung in der Grenzschicht turbolent, was diese quasi
stabilisiert und der eigentliche Strömungsabriß, der
Widerstand bringt, verschiebt sich nach hinten. Früher oder
später gibt es aber sowieso diese turbolente Grenzschicht. Der
Trick beim Golfball funktioniert nur deshalb, weil der
Golfball bei seiner normalen Geschwindigkeit nicht in den
Nutzen dieses Effektes käme. Es klappt beim Golfball, weil da
der Effekt, die Größe und die Geschwindigkeit genau gut
passen. Würde man den Golfball generell mit doppelter
Geschwindigkeit schlagen, dann wäre wohl niemand auf die Idee
gekommen, ihn so zu gestalten, dann bringt es nämlich nix
mehr. Auch bei geringeren Geschwindigkeiten bringt diese
Oberfläche nichts. Bei einem Motorradhelm gibt diese
Oberfläche auch noch Sinn, da ist sowohl die Größe als auch
die Geschwindigkeit höher. Bei einem Auto bringt es nichts,
weil man da viel bessere Methoden hat, dai störenden Wirbel
hinten zu vermeiden. so richtig bring's eben nur etwas, wenn
die Form vorgegeben ist, also eine Kugel, und wenn die
Geschwindigkeit im Arbeitsbereich die richtige ist.
Post by Florian Edlhuber
Ich denke u.a. auch an die "Haifischhaut-Oberfläche" die
nicht glatt ist sondern rauh um Reibung zu verringern. Wäre
sowas evtl. auch anwendbar bei Autos/Flugzeugen etc?
IMO ist noch nicht ganz geklährt, warum diese Haifischhaut den
Widerstand verringert. Aber nichts desto trotz schwimmen die
Schwimmer schon mit solchen Anzügen herum und an Flugzeugen
wird mit entsprechenden Folien rumprobiert. Das Problem bei
diesen Längsrillen ist, daß sie nur dann richtig
funktionieren, wenn sie genau nach der Stömung ausgerichtet
sind. Und diese Richtung kann bei einem Flugzeug schon mal ein
wenig schwanken, je nach Höhe und Füllstand der Tanks.
Außerdem bringt so eine Außenhaut grundsätzlich Zusatzgewicht
mit sich. Einem Hai ist das egal, einem Flugzeug überhaupt
nicht. Bei einem Auto wäre es aus rein praktischen Gründen
schon nicht erwünscht, die Haut des Autos quasi aufzurauhen,
damit der Dreck besonders gut haftet und sich schwer entfernen
lässt... Mal ganz davon ab, daß man bei einem Auto sehr viel
kompliziertere Strömungsrichtungsverläufe an der Oberfläche
hat, als bei einem Flugzeug. Das Aufkleben einer Folie so, daß
die Rillen an jeder Stelle in die richtige Richtung zeigen,
ist quasi unmöglich.

CU Rollo
--
Hier entsteht in Kürze eine neue Sig-Präsenz.
Michael Kauffmann
2003-11-27 14:57:49 UTC
Permalink
On Thu, 27 Nov 2003 15:37:45 +0100
Post by Roland Damm
IMO ist noch nicht ganz geklährt, warum diese Haifischhaut den
Widerstand verringert. Aber nichts desto trotz schwimmen die
Schwimmer schon mit solchen Anzügen herum und an Flugzeugen
wird mit entsprechenden Folien rumprobiert. Das Problem bei
diesen Längsrillen ist, daß sie nur dann richtig
funktionieren, wenn sie genau nach der Stömung ausgerichtet
sind. Und diese Richtung kann bei einem Flugzeug schon mal ein
wenig schwanken, je nach Höhe und Füllstand der Tanks.
Mal ganz davon ab, daß man bei einem Auto sehr viel
kompliziertere Strömungsrichtungsverläufe an der Oberfläche
hat, als bei einem Flugzeug. Das Aufkleben einer Folie so, daß
die Rillen an jeder Stelle in die richtige Richtung zeigen,
ist quasi unmöglich.
Und beim Schwimmer ist es möglich?

Michael Kauffmann
Roland Damm
2003-11-27 18:49:35 UTC
Permalink
Moin,
Post by Michael Kauffmann
Post by Roland Damm
Mal ganz davon ab, daß man bei einem Auto sehr viel
kompliziertere Strömungsrichtungsverläufe an der Oberfläche
hat, als bei einem Flugzeug. Das Aufkleben einer Folie so,
daß die Rillen an jeder Stelle in die richtige Richtung
zeigen, ist quasi unmöglich.
Und beim Schwimmer ist es möglich?
Gute Frage, vermutlich auch nicht besonders gut. Aber im
Unterschied zum Auto schwimmt der Schwimmer immer bei gleichen
Umgebungsbedingungen und bei immer gleicher Geschwindigkeit.

Und schließlich reicht es für einen neuen Weltrekord ja auch
aus, nur ein Promille schneller zu sein, als der Beste bisher.
Wenn ein Auto ein Promille weniger Sprit braucht als bisher,
ist das noch kein Argument dafür, sich eine Folie anzubappen,
von der man keinen Vogeldreck mehr abbekommt.

Die Frage ist natürlich, wie sehr diese Haifischhaut bremst,
wenn sie nicht optimal ausgerichtet ist. Bremst sie wenig oder
garnicht, dann lohnt sich die Sache auf jeden Fall (wenn sie
wenigsten Zeit- oder Teilweise richtig ausgerichtet ist)
(abzüglich der Bewegungseinschränkung durch so einen Anzug).

CU Rollo
--
Hier entsteht in Kürze eine neue Sig-Präsenz.
Wolfgang Kouker
2003-11-27 15:26:02 UTC
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Post by Roland Damm
Wie schon gesagt, das ist nicht der Magnuseffekt. Aber das mit
den runden Objekten ist nicht verkehrt. Durch die Dellen wird
die Strömung in der Grenzschicht turbolent, was diese quasi
stabilisiert und der eigentliche Strömungsabriß, der
Duerch die Loecher wird die Grenzschicht turbulent, ja. Dies
bewirkt eine groessere Masse Luft, welche durch Drehung des Balls
so beschleunigt wird (Magnus oder allgemeiner Coanda Effekt):

------------> --
-Anstroem---> B \ Ball rotiere im Uhrzeigersinn
------------> \ |
Beschleunigte Luft nach unten

Diese Beschleunigung der Luft nach unten hat eine Gegenkraft:
Beschl. des Balles nach oben. Oben/Unten laesst sich natuerlich
beliebig mit rechts/links vertauschen. Auf diese Weise
funktioniert der direkt ins Tor geschossene Eckball, der mit Spin
geschlagene (Tisch)tennis ball, aber auch der Auftrieb beim
Flugzeug.

Die Rauhigkeit der Balloberflaeche erhoeht somit die nach unten
beschleunigte Luftmasse und vertstaerkt die Beschl. des Balles
nach oben. Dies hat der relativ kleine und schwere Golfball auch
dringend noetig, damit der Effekt wirksam wird. Beim Fussball
(gross) und beim Tischtennisball (leicht) geht das auch mit
glatter Oberflaeche gut.

Viele Gruesse, Wolfgang
Roland Damm
2003-11-27 18:55:34 UTC
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Moin,
Post by Wolfgang Kouker
Die Rauhigkeit der Balloberflaeche erhoeht somit die nach
unten beschleunigte Luftmasse und vertstaerkt die Beschl. des
Balles nach oben. Dies hat der relativ kleine und schwere
Golfball auch dringend noetig, damit der Effekt wirksam wird.
Beim Fussball (gross) und beim Tischtennisball (leicht) geht
das auch mit glatter Oberflaeche gut.
Na da bin ich mir nicht so sicher, ob man das so sagen darf.
Ein Golfball mit glatter Oberfläche erleidet leider schon sehr
weit vorne einen totalen Strömungsabriß. Und dann ist mit
Auftrieb auch Essig. Die wellige Oberfläche erzeugt eine
turbolente und deshalb im gefragten Geschwindigkeitsbereich
besser anliegende Strömung, wodurch dieser Auftrieb erst
möglich wird. _Wenn_ jedoch die Strömung anliegt, dann ist der
Auftrieb wohl eher unabhängig von der Oberflächenrauhigkeit.

CU Rollo
--
Hier entsteht in Kürze eine neue Sig-Präsenz.
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