Discussion:
Kirchhoff'sche Maschenregel, warum bei DGL-en überhaupt anwendbar?
(zu alt für eine Antwort)
Stephan Gerlach
2014-09-30 21:54:40 UTC
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Bei diversen Überlegungen zum ungedämpften elektrischen Schwingkreis
(siehe auch meinen anderen Faden dazu) und weiterhin zu Stromkreisen im
allgemeinen, stieß ich mit einem Kollegen auf folgenden
"interessanten"(?) Sachverhalt, die bekannte Kirchhoff'sche Maschenregel
betreffend:

Die Maschenregel (oder Maschensatz, 2. Kirchhoffsches Gesetz) besagt ja,
daß in einem Stromkreis entlang einer Masche die Summe aller Spannungen
Null ist:

Summe_{k=1 bis n} U_k = 0.

Das gilt auf jeden Fall, solange im gesamten Strom nur Gleichstrom -
d.h. zeitlich konstanter Strom - fließt.
Die Maschenregel wird nun u.a. angewendet, um Differentialgleichungen
für bestimmte elektrische Schaltungen aufzustellen, wobei in der Regel
der zeitliche Verlauf der Spannung U(t) und der Stromstärke I(t)
berechnet werden soll.

So z.B. in folgenden Fällen:

Bei eingangs erwähntem ungedämpften elektrischen Schwingkreis
(Spule + Kondensator) in Reihenschaltung,

beim gedämpften elektrischen Schwingkreis
(Spule + Kondensator + Ohmscher Widerstand) in Reihenschaltung,

oder beim Lade- bzw. Entlade-Vorgang eines Kondensators
(Kondensator + Ohmscher Widerstand) in Reihenschaltung.


Das Problem ist nun, daß ja in allen Fällen insbesondere die Stromstärke
I(t) zeitabhängig ist. Aus den Maxwell-Gleichungen,
konkret rot(H)=j und rot(E)=-dB/dt bzw. U_ind=-d(Phi)/dt,
würde dann doch folgen, daß entlang der betreffenden Masche eine
Induktionsspannung erzeugt wird?! Damit wäre aber die Maschenregel gar
nicht gültig?! Denn diese folgt meiner Ansicht nach unmittelbar aus
-d(Phi)/dt=0,
was aber wegen der Zeitabhängigkeit von I(t) gar nicht gilt.


Frage nun dazu: Was berechtigt dazu, beim Aufstellen von oben besagten
Differentialgleichungen überhaupt die Maschenregel anzuwenden?

Ist etwa der Einfluß der magnetischen Flußänderung d(Phi)/dt durch die
Masche im allgemeinen vernachlässigbar, so daß man zumindest sagen kann
"Die Maschenregel gilt in guter Näherung"?
--
Eigentlich sollte Brain 1.0 laufen.
gut, dann werde ich mir das morgen mal besorgen...
(...Dialog aus m.p.d.g.w.a.)
Izur Kockenhan
2014-09-30 22:12:03 UTC
Permalink
Post by Stephan Gerlach
Bei diversen Überlegungen zum ungedämpften elektrischen Schwingkreis
(siehe auch meinen anderen Faden dazu) und weiterhin zu Stromkreisen im
allgemeinen, stieß ich mit einem Kollegen auf folgenden "interessanten"(?)
Die Maschenregel (oder Maschensatz, 2. Kirchhoffsches Gesetz) besagt ja,
daß in einem Stromkreis entlang einer Masche die Summe aller Spannungen
Summe_{k=1 bis n} U_k = 0.
Das gilt auf jeden Fall, solange im gesamten Strom nur Gleichstrom - d.h.
zeitlich konstanter Strom - fließt.
[...]

Das 2. Kirschhoffsche Gesetz ist allgemeingültig, gilt also exakt für alle
Ströme als Funktion der Zeit.

Izur Kockenhan
Stephan Gerlach
2014-10-01 00:37:27 UTC
Permalink
Post by Izur Kockenhan
Post by Stephan Gerlach
Bei diversen Überlegungen zum ungedämpften elektrischen Schwingkreis
(siehe auch meinen anderen Faden dazu) und weiterhin zu Stromkreisen im
allgemeinen, stieß ich mit einem Kollegen auf folgenden "interessanten"(?)
Die Maschenregel (oder Maschensatz, 2. Kirchhoffsches Gesetz) besagt ja,
daß in einem Stromkreis entlang einer Masche die Summe aller Spannungen
Summe_{k=1 bis n} U_k = 0.
Das gilt auf jeden Fall, solange im gesamten Strom nur Gleichstrom - d.h.
zeitlich konstanter Strom - fließt.
[...]
Das 2. Kirschhoffsche Gesetz ist allgemeingültig, gilt also exakt für alle
Ströme als Funktion der Zeit.
Die Herleitung des 2. Kirschhoffsche Gesetz beruht gerade auf
Nicht-Zeit-Abhängigkeit des magnetischens Flußes (und damit
Nicht-Zeit-Abhängigkeit des Stromes) durch die Masche. Steht sogar so
bei Wikipedia.
--
Post by Izur Kockenhan
Eigentlich sollte Brain 1.0 laufen.
gut, dann werde ich mir das morgen mal besorgen...
(...Dialog aus m.p.d.g.w.a.)
Izur Kockenhan
2014-10-01 01:56:24 UTC
Permalink
Post by Stephan Gerlach
Die Herleitung des 2. Kirschhoffsche Gesetz beruht gerade auf
Nicht-Zeit-Abhängigkeit des magnetischens Flußes (und damit
Nicht-Zeit-Abhängigkeit des Stromes) durch die Masche. Steht sogar so bei
Wikipedia.
Bei Wikipedia steht: "Auch das 2. Kirchhoffsche Gesetz gilt für beliebig
zeitlich abhängige Ströme und für Netzwerke mit nichtlinearen Bauelementen."

dort steht auch:"Die Maschenregel ist ein Spezialfall des Induktionsgesetzes
und darf nur bei Abwesenheit sich ändernder magnetischer Flüsse angewandt
werden.."

...

"Sie gilt für den Fall dass innerhalb der Masche keine Änderung des magn.
Flusses erfolgt (dphi/dt=0) und somit auch auf magnetischem Weg keine
Energie in das Netzwerk eingespeist oder entnommen wird."

Wenn Letzteres nicht gegeben ist, ist die Maschenregel natürlich
allgemeingültig.

Izur Kockenhan
Izur Kockenhan
2014-10-01 02:43:29 UTC
Permalink
[...]

Lies doch 'mal den Absatz über die Maschenregel bei Wikipedia zu Ende. Wir
reden doch im Fall des Schwingkreises im Rahmen der Netzwerktheorie der
Elektrotechnik und nicht über die physikalische Erklärung für die Induktion.

Izur Kockenhan
Gregor Scholten
2014-09-30 22:24:12 UTC
Permalink
Post by Stephan Gerlach
Das Problem ist nun, daß ja in allen Fällen insbesondere die Stromstärke
I(t) zeitabhängig ist. Aus den Maxwell-Gleichungen,
konkret rot(H)=j und rot(E)=-dB/dt bzw. U_ind=-d(Phi)/dt,
würde dann doch folgen, daß entlang der betreffenden Masche eine
Induktionsspannung erzeugt wird?! Damit wäre aber die Maschenregel gar
nicht gültig?!
Doch. Nämlich weil du hier die Fehlannahme machst, es gäbe eine
Induktionsspannung U_ind, d.h. das durch die Induktion hervorgerufene
elektrische Wirbelfeld könne durch eine Spannung beschrieben werden.
Nimm eine Spule mit endlichem Ohmschen Widerstand, die an eine
Spannungsquelle angeschlossen sei. Das kann man so modellieren, dass die
Induktivität der Spule und der Ohmsche Widerstand in Reihe geschaltet
sind. Es gilt dann, wenn U_ext die Spannung der externen Spannungsquelle
ist:

R * I + d(Phi)/dt - U_ext = 0

Wenn jetzt den Ausdruck d(Phi)/dt als "U_ind" bezeichnest, also als
"Induktionsspannung" auffasst, und außerdem mit U_R = R*I die am
Ohmschen Widerstand anliegende Spannung bezeichnest, dann wird daraus

U_R - U_ind - U_ext = 0

ganz im Sinne der Maschenregel. Siehe auch:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kirchhoffsche_Regeln#H.C3.A4ufiges_Missverst.C3.A4ndnis

Die zwei Missverständnisse heben sich sozusagen gegenseitig auf.

Strenggenommen gibt es die Induktionsspannug U_ind = -d(Phi)/dt nur in
dem speziellen Fall, dass die Spule an einen Kondensator angeschlossen
ist und die Änderungsrate d(Phi)/dt des magnetischen Flusses über einen
langen Zeitraum konstant ist. Dann ämlich induziert die Flussänderung
zunächst einen Strom durch die Spule, durch den der Kondensator
aufgeladen wird. Durch die Aufladung entsteht zwischen den
Kondensatorplatten eine Spannung, die dem induzierten Strom
entgegenwirkt. Irgendwann ist der Kondensator so weit aufgeladen, dass
die Spannung den induzierten Strom völlig zum Erliegen bringt. Die
zwischen den Kondensatorplatten dann herschende Spannung ist das, was
man Induktionsspannung nennt.

Hintergrund dafür ist, dass ein Wirbelfeld nicht durch ein skalares
Potential, und damit auch nicht durch eine Potentialdifferenz
beschreibbar ist, die Spannung aber gerade eine solche
Potentialdifferenz ist. Daher die Hilfsvorstellung mit dem aufgeladenen
Kondensator: das elektrische Feld zwischen dessen Platten kann durch ein
skalares Potential beschrieben werden.
Weltmarktführer
2014-09-30 23:11:24 UTC
Permalink
Auch ich mußte in meinem Elektotechnik-Studium zu den Kirchhoff-Gesetzen meine Klausuren schreiben.

Als Physiker sehe ich das Thema anders : Wie würde Scholten Strom definieren ?
Franz Glaser
2014-09-30 23:22:29 UTC
Permalink
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Das Problem ist nun, daß ja in allen Fällen insbesondere die Stromstärke
I(t) zeitabhängig ist. Aus den Maxwell-Gleichungen,
konkret rot(H)=j und rot(E)=-dB/dt bzw. U_ind=-d(Phi)/dt,
würde dann doch folgen, daß entlang der betreffenden Masche eine
Induktionsspannung erzeugt wird?! Damit wäre aber die Maschenregel gar
nicht gültig?!
Doch. Nämlich weil du hier die Fehlannahme machst, es gäbe eine
Induktionsspannung U_ind, d.h. das durch die Induktion hervorgerufene
elektrische Wirbelfeld könne durch eine Spannung beschrieben werden.
Nimm eine Spule mit endlichem Ohmschen Widerstand, die an eine
Spannungsquelle angeschlossen sei. Das kann man so modellieren, dass die
Induktivität der Spule und der Ohmsche Widerstand in Reihe geschaltet
sind. Es gilt dann, wenn U_ext die Spannung der externen Spannungsquelle
R * I + d(Phi)/dt - U_ext = 0
Wenn jetzt den Ausdruck d(Phi)/dt als "U_ind" bezeichnest, also als
"Induktionsspannung" auffasst, und außerdem mit U_R = R*I die am
Ohmschen Widerstand anliegende Spannung bezeichnest, dann wird daraus
U_R - U_ind - U_ext = 0
http://de.wikipedia.org/wiki/Kirchhoffsche_Regeln#H.C3.A4ufiges_Missverst.C3.A4ndnis
Die zwei Missverständnisse heben sich sozusagen gegenseitig auf.
Strenggenommen gibt es die Induktionsspannug U_ind = -d(Phi)/dt nur in
dem speziellen Fall, dass die Spule an einen Kondensator angeschlossen
ist und die Änderungsrate d(Phi)/dt des magnetischen Flusses über einen
langen Zeitraum konstant ist. Dann ämlich induziert die Flussänderung
zunächst einen Strom durch die Spule, durch den der Kondensator
aufgeladen wird. Durch die Aufladung entsteht zwischen den
Kondensatorplatten eine Spannung, die dem induzierten Strom
entgegenwirkt. Irgendwann ist der Kondensator so weit aufgeladen, dass
die Spannung den induzierten Strom völlig zum Erliegen bringt. Die
zwischen den Kondensatorplatten dann herschende Spannung ist das, was
man Induktionsspannung nennt.
Hintergrund dafür ist, dass ein Wirbelfeld nicht durch ein skalares
Potential, und damit auch nicht durch eine Potentialdifferenz
beschreibbar ist, die Spannung aber gerade eine solche
Potentialdifferenz ist. Daher die Hilfsvorstellung mit dem aufgeladenen
Kondensator: das elektrische Feld zwischen dessen Platten kann durch ein
skalares Potential beschrieben werden.
;-o)))

Es darf auf keinen Fall (leicht) verständlich sein. Sonst verlieren die
Professoren womöglich die Lufthoheit über die natürlich ablaufenden Dinge.


GL
--
„Die Freude an der Freiheit hat sich in Furcht vor der Freiheit verwandelt“
(Joachim Gauck)
Stephan Gerlach
2014-10-01 00:35:30 UTC
Permalink
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Das Problem ist nun, daß ja in allen Fällen insbesondere die Stromstärke
I(t) zeitabhängig ist. Aus den Maxwell-Gleichungen,
konkret rot(H)=j und rot(E)=-dB/dt bzw. U_ind=-d(Phi)/dt,
würde dann doch folgen, daß entlang der betreffenden Masche eine
Induktionsspannung erzeugt wird?! Damit wäre aber die Maschenregel gar
nicht gültig?!
Doch. Nämlich weil du hier die Fehlannahme machst, es gäbe eine
Induktionsspannung U_ind, d.h. das durch die Induktion hervorgerufene
elektrische Wirbelfeld könne durch eine Spannung beschrieben werden.
Ist das tatsächlich eine Fehlannahme?

Nochmal langsam:

1.) Ich habe einen Stromkreis (mit irgendwelchen Bauteilen darin) als
Reihenschaltung, ohne jegliche Verzweigung, d.h. nur eine Masche. Rein
mathematisch kann ich diesen Stromkreis durch eine geschlossene Kurve
dA beschreiben, welche Rand einer Fläche A ist.

2.) In diesem Stromkreis fließe jetzt ein zeitabhängiger Strom I(t).
Diesen Strom setze ich also voraus.

3.) Nach Maxwell-Gleichung rot(H)=j (#) erzeugt dieser Strom I ein
H-Feld und damit B-Feld "um die Kurve dA herum". Das B-Feld "durchsetzt"
damit auch die vom Stromkreis eingeschlossene Fläche A. Da I
zeitabhängig ist, ist auch B=B(t) zeitabhängig. Es ist dB/dt != 0.
(#) Ich merke gerade, daß ich da eigentlich den Term dD/dt vergessen
habe. Der sollte im vorliegenden Fall jedoch 0 sein?

4.) Nach Maxwell-Gleichung rot(E)=-dB/dt erzeugt das bei 3.) erwähnte
B-Feld nun ein elektrisches Feld E, welches du ja sogar selber oben
erwähnt hast. Dieses E-Feld tritt auch in der Fläche A bzw. der
Randkurve dA auf.

5.) Integrieren wir nun die Maxwell-Gleichung rot(E)=-dB/dt über die
Fläche A und wenden den Integralsatz von Stokes an, so erhalten wir
-d/dt (Integral_A B dF)
= Integral_A -dB/dt dF
= Integral_A rot(E) dF
= Integral_(dA) E dx.

Hierbei ist das erste in der Rechnung auftretende Oberflächenintegral
Integral_A B dF
gerade der magnetische Fluß Phi durch die Fläche A; das letzte in der
Rechnung auftretende Kurvenintegral
Integral_(dA) E dx
entspricht gerade einer "Umlaufspannung" oder "Ringspannung" U_ind
entlang der Kurve dA. Die Kurve dA entspricht aber gerade dem kompletten
Stromkreis.

6.) Im Prinzip ist 5.) die Herleitung, wie man von der Maxwell-Gleichung
rot(E)=-dB/dt zu deren "Integralform"

U_ind = -d(Phi)/dt

kommt. Das schon erwähnte Kurvenintegral wird üblicherweise U_ind
genannt; es hat ja auch die physikalische Dimension "Volt", also einer
Spannung.


Wo genau ist da jetzt ein Denkfehler? Ich könnte mir noch vorstellen,
daß es an dem "vergessenen" Term dD/dt liegt. Auf keinen Fall aber folgt
aus den obigen Überlegungen offensichtlich die Maschenregel. Das steht
sogar mehrfach bei Wikipedia:

"...Die Maschenregel ist ein Spezialfall des Induktionsgesetzes und darf
nur bei Abwesenheit zeitlich sich ändernder magnetischer Flüsse
angewandt werden..."

"...Die Maschenregel ist formal eine Schlussfolgerung aus dem
Induktionsgesetz. Sie gilt nur für den Fall, dass innerhalb der Masche
keine Änderung des magnetischen Flusses erfolgt (d(Phi)/dt=0)..."


Wenn überhaupt, dann folgt aus obigen Überlegungen evtl. eine
modifizierte Version der Maschenregel:

Summe_{k=1 bis n} U_k = -d(Phi)/dt,

wobei ich mir mit dem Vorzeichen nicht ganz sicher bin. -d(Phi)/dt ist
dabei U_ind, die in 1.) bis 6.) hergeleitete Induktionsspannung entlang
des Stromkreises.
Post by Gregor Scholten
Nimm eine Spule mit endlichem Ohmschen Widerstand, die an eine
Spannungsquelle angeschlossen sei.
Dumme Frage: Wie ist die "Ausrichtung" der Spule im Stromkreis?
Spulenachse in einer Ebene mit dem Stromkreis?
Die Stromleitungen zur Spule hin und wieder weg begrenzen ja selbst eine
Fläche, durch die magnetischer Fluß Phi fließt. Oder *ist* die Spule der
Stromkreis?
Post by Gregor Scholten
Das kann man so modellieren, dass die
Induktivität der Spule und der Ohmsche Widerstand in Reihe geschaltet
sind. Es gilt dann, wenn U_ext die Spannung der externen Spannungsquelle
R * I + d(Phi)/dt - U_ext = 0
Das sieht ungefähr so aus wie meine modifizierte Version der
Maschenregel, mit U_1 = -U_ext und U_2 = R*I.

Allerdings nur mit Ohmschem Bauelement und externer Spannungsquelle; die
Spule ist in diesem Fall der Stromkreis selbst, mit nur 1 Windung.
Post by Gregor Scholten
Wenn jetzt den Ausdruck d(Phi)/dt als "U_ind" bezeichnest, also als
"Induktionsspannung" auffasst,
Das mache nicht (nur) ich so, sondern das ist IMHO ja gerade die Aussage
der Maxwell-Gleichung rot(E)=-dB/dt in Integralform.
Post by Gregor Scholten
und außerdem mit U_R = R*I die am
Ohmschen Widerstand anliegende Spannung bezeichnest, dann wird daraus
U_R - U_ind - U_ext = 0
ganz im Sinne der Maschenregel.
Das sieht mir im Zusammenhang mit meinen Überlegungen 1.) bis 6.) jetzt
danach aus, als würde der Stromkreis selbst als Spule mit 1 Windung
aufgefaßt. Das wird aber in der "üblichen" Maschenregel meines Wissens
nicht so gehandhabt.

Nochmal zur Verdeutlichung:
U_ind ist bei mir die Induktionsspannung, die durch die magnetische
Flußänderung durch die komplette vom Stromkreis(!) eingeschlossene
Fläche entsteht.
Post by Gregor Scholten
http://de.wikipedia.org/wiki/Kirchhoffsche_Regeln#H.C3.A4ufiges_Missverst.C3.A4ndnis
Die zwei Missverständnisse heben sich sozusagen gegenseitig auf.
Hab' ich gelesen; das hat aber auch nicht alles geklärt :-) .
Ich habe gerade *nicht* versucht, Induktionsvorgänge in Spulen durch
eine in der Spule befindliche Spannungsquelle zu erklären.
Ebensowenig habe ich angenommen, daß in Spulen mit wechselnden
Magnetfeldern die Kirchhoffsche Maschenregel gültig sei. Vielmehr habe
ich die Gültigkeit der Maschenregel in diesem Fall gerade infrage gestellt.

Weiterhin habe ich im Allgemeinfall überhaupt keine Spule im Stromkreis
angenommen; wenn überhaupt, dann habe ich den Stromkreis selbst als
Spule angenommen.
Also mir ging es um Stromkreise mit zeitabhängigen Strömen I(t) ganz
allgemein(!); um den Schwingkreis natürlich ebenfalls, aber nur sekundär.
Post by Gregor Scholten
Strenggenommen gibt es die Induktionsspannug U_ind = -d(Phi)/dt nur in
dem speziellen Fall,...
U_ind = -d(Phi)/dt
ist doch einfach die Maxwell-Gleichung rot(E) = -dB/dt
in Integralform und gilt immer, unabhängig von der Anwesenheit von
Spulen oder Kondensatoren?!
Post by Gregor Scholten
... dass die Spule an einen Kondensator angeschlossen
ist und die Änderungsrate d(Phi)/dt des magnetischen Flusses über einen
langen Zeitraum konstant ist.
Wie im Schwingkreis?!
Post by Gregor Scholten
Dann ämlich induziert die Flussänderung
zunächst einen Strom durch die Spule, durch den der Kondensator
aufgeladen wird. Durch die Aufladung entsteht zwischen den
Kondensatorplatten eine Spannung, die dem induzierten Strom
entgegenwirkt. Irgendwann ist der Kondensator so weit aufgeladen, dass
die Spannung den induzierten Strom völlig zum Erliegen bringt. Die
zwischen den Kondensatorplatten dann herschende Spannung ist das, was
man Induktionsspannung nennt.
Das ist jetzt nochmal eine schöne Erklärung für den Schwingkreis. Mir
ging es jetzt aber grundsätzlich eher um die Gültigkeit der
Kirchhoffschen Maschenregel für den Fall zeitabhängiger Ströme; egal was
für Bauteile konkret innerhalb der Masche sind.
Post by Gregor Scholten
Hintergrund dafür ist, dass ein Wirbelfeld nicht durch ein skalares
Potential, und damit auch nicht durch eine Potentialdifferenz
beschreibbar ist, die Spannung aber gerade eine solche
Potentialdifferenz ist.
Trotzdem nennt man den Ausdruck U_ind in

U_ind = -d(Phi)/dt

Induktions*spannung*, obwohl es keine Potentialdifferenz ist, sondern
eine "Umlaufspannung".
Post by Gregor Scholten
Daher die Hilfsvorstellung mit dem aufgeladenen
Kondensator: das elektrische Feld zwischen dessen Platten kann durch ein
skalares Potential beschrieben werden.
Das klingt jetzt alles - wie bei dir üblich - recht vernünftig, aber
erklärt für mich noch nicht endgültig, warum die Maschenregel auch für
den Fall zeitabhängiger Ströme gültig sein soll.
Oder anders: Was an meiner Überlegung 1.) bis 6.) fehlerhaft ist.
--
Post by Gregor Scholten
Eigentlich sollte Brain 1.0 laufen.
gut, dann werde ich mir das morgen mal besorgen...
(...Dialog aus m.p.d.g.w.a.)
Franz Glaser
2014-10-01 11:15:08 UTC
Permalink
Post by Stephan Gerlach
Wenn überhaupt, dann folgt aus obigen Überlegungen evtl. eine
Komplexe Zahlen sind den Elektrikern nicht fremd, auch in Maschennetzen
und Filtern :-)

Sie nehmen nur das "j" statt des "i" um Ver(w)irrungen zu vermeiden.


GL
--
„Die Freude an der Freiheit hat sich in Furcht vor der Freiheit verwandelt“
(Joachim Gauck)
Weltmarktführer
2014-10-01 11:36:54 UTC
Permalink
Stephan Gerlach hat keine Professoren.

Er ist nur ein Mensch, der den Namen Stephan Gerlach bekommen hat, und der die Klausuren im 1.Semester Elektrotechnik nicht begreift.
Gregor Scholten
2014-10-01 22:13:24 UTC
Permalink
Post by Stephan Gerlach
1.) Ich habe einen Stromkreis (mit irgendwelchen Bauteilen darin) als
Reihenschaltung, ohne jegliche Verzweigung, d.h. nur eine Masche. Rein
mathematisch kann ich diesen Stromkreis durch eine geschlossene Kurve dA
beschreiben, welche Rand einer Fläche A ist.
2.) In diesem Stromkreis fließe jetzt ein zeitabhängiger Strom I(t).
Diesen Strom setze ich also voraus.
3.) Nach Maxwell-Gleichung rot(H)=j (#) erzeugt dieser Strom I ein
H-Feld und damit B-Feld "um die Kurve dA herum".
Das kann man durch das Ersatzschaltbild beschreiben, dass eine Spule in
den Stromkreis eingebaut ist (deren Induktivität ist hier halt sehr
niedrig).
Post by Stephan Gerlach
Das B-Feld "durchsetzt"
damit auch die vom Stromkreis eingeschlossene Fläche A. Da I
zeitabhängig ist, ist auch B=B(t) zeitabhängig. Es ist dB/dt != 0.
(#) Ich merke gerade, daß ich da eigentlich den Term dD/dt vergessen
habe. Der sollte im vorliegenden Fall jedoch 0 sein?
Da du keine Abstrahlung von EM-Wellen berücksichtigen willst, kannst du
den Term dE/dt

in

rot B = j + dE/dt

vernachlässigen.
Post by Stephan Gerlach
5.) Integrieren wir nun die Maxwell-Gleichung rot(E)=-dB/dt über die
Fläche A und wenden den Integralsatz von Stokes an, so erhalten wir
-d/dt (Integral_A B dF)
= Integral_A -dB/dt dF
= Integral_A rot(E) dF
= Integral_(dA) E dx.
Hierbei ist das erste in der Rechnung auftretende Oberflächenintegral
Integral_A B dF
gerade der magnetische Fluß Phi durch die Fläche A; das letzte in der
Rechnung auftretende Kurvenintegral
Integral_(dA) E dx
entspricht gerade einer "Umlaufspannung" oder "Ringspannung" U_ind
entlang der Kurve dA.
Zunächst einmal ist das jedoch keine Spannung, da eine Spannung per
definitionem eine Potentialdifferenz ist, also die Differenz zwischen
den Potentialen an zwei Punkten im Stromkreis. Bei einer geschlossenen
Kurve sind Anfangs- und Endpunkt der Kurve identisch, ein Potential
müsste daher an beiden Punkten gleich sein (da es nur ein einziger Punkt
ist), und folglich die Potentialdifferenz null.

Wenn man auf eine korrekte Verwendung des Spannungsbegriffes keinen so
großen Wert legt, kann man die Größe \oint E dr natürlich
"Umlaufspannung" nennen. Das ist im Hinblick darauf sinnvoll, dass in
dem Fall, dass die Drahtschleife nicht geschlossen, sondern zwischen
zwei Klemmen unterbrochen ist (was im Ersatzschaltbild dem Einbau eines
Konndensators entspricht, da die Klemmen im Grunde einen Kondensator
bilden, nur eben mit sehr niedriger Kapazität), und überdies der Ohmsche
Widerstand der Drahtschleife vernachlässigbar ist (R = 0), die an den
Klemmen abgreifbare Spannung (= Potentialdifferenz zwischen den Klemmen)
genau gleich der Größe \oint E dr ist, die man bei exakt geschlossener
Schleife erhalten würde. Siehe auch:

http://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetische_Induktion#Unterbrochene_metallische_Leiterschleife

Ist nun der Ohmsche Widerstand der unterbrochenen Drahtschleife nicht
null, so kann man als Ersatzschildbild eine Reihenschaltung aus Spule
(für die Induktivität der Drahtschleife, die das Magnetfeld erzeugt),
Ohmschen Widerstand und Kondensator (für die Klemmen) annehmen. Dabei
kann man dann die aus \oint E dr errechnete Größe U_ind als an der Spule
anliegende Spannung U_L = -U_ind auffassen, die mit der Spannung U_R,
die am Ohmschen Widerstand anliegt, und der Spannung U_C zwischen den
Kondensatorplatten (= Klemmen) gemäß

U_C = U_R + U_L = U_R - U_ind

zusammenhängt.

Dabei macht man die Fehlannahme, dass \oint E dr als an der Spule
anliegende Potentialdifferenz gedacht werden kann. Und wenn man das mit
der zweiten Fehlannahme kombiniert, dass die Maschenregel anwendbar sei,
kommt man damit zu richtigen Ergebnissen.

Das geht aber natürlich nur dann, wenn der magnetische Fluss durch den
Stromkreis selbst erzeugt wird, so dass das Ersatzschaltbild mit der
Spule zutreffend ist. Für ein externes Magnetfeld funktioniert das nicht.
Post by Stephan Gerlach
"...Die Maschenregel ist ein Spezialfall des Induktionsgesetzes und darf
nur bei Abwesenheit zeitlich sich ändernder magnetischer Flüsse
angewandt werden..."
Wenn der sich ändernde magnetische Fluss vom Stromkreis selbst
verursacht wird - was ja deine Annahme war - ist die Maschenregel jedoch
auf die beschriebene Weise trotzdem anwendbar.
Post by Stephan Gerlach
Wenn überhaupt, dann folgt aus obigen Überlegungen evtl. eine
Summe_{k=1 bis n} U_k = -d(Phi)/dt
Und wenn man dann d(Phi)/dt als an der Spule anliegende Spannung
umdeutet (was, wie nochmals betont sei, nur dann funktioniert, wenn der
veränderliche magnetische Fluss vom Stromkreis selbst erzeugt wird),
dann stimmt die Maschenregel wieder.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Nimm eine Spule mit endlichem Ohmschen Widerstand, die an eine
Spannungsquelle angeschlossen sei.
Dumme Frage: Wie ist die "Ausrichtung" der Spule im Stromkreis?
Spulenachse in einer Ebene mit dem Stromkreis?
Das ist für das Ergebnis tatsächlich ohne Bedeutung. Für d(Phi)/dt kommt
immer das gleiche heraus.
Post by Stephan Gerlach
Die Stromleitungen zur Spule hin und wieder weg begrenzen ja selbst eine
Fläche, durch die magnetischer Fluß Phi fließt. Oder *ist* die Spule der
Stromkreis?
Das macht keinen Unterschied. Deswegen kann man ja das beschriebene
Ersatzschaltbild anwenden.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Das kann man so modellieren, dass die Induktivität der Spule und der
Ohmsche Widerstand in Reihe geschaltet sind. Es gilt dann, wenn U_ext
R * I + d(Phi)/dt - U_ext = 0
Das sieht ungefähr so aus wie meine modifizierte Version der
Maschenregel, mit U_1 = -U_ext und U_2 = R*I.
Den Grund dafür, warum das ungefähr so aussieht, habe ich oben beschrieben.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Wenn jetzt den Ausdruck d(Phi)/dt als "U_ind" bezeichnest, also als
"Induktionsspannung" auffasst,
Das mache nicht (nur) ich so, sondern das ist IMHO ja gerade die Aussage
der Maxwell-Gleichung rot(E)=-dB/dt in Integralform.
Deren Aussage ist jedoch nicht, dass der Kreisintegral über die
elektrische Feldstärke eine Spannung sei.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
und außerdem mit U_R = R*I die am Ohmschen Widerstand anliegende
Spannung bezeichnest, dann wird daraus
U_R - U_ind - U_ext = 0
ganz im Sinne der Maschenregel.
Das sieht mir im Zusammenhang mit meinen Überlegungen 1.) bis 6.) jetzt
danach aus, als würde der Stromkreis selbst als Spule mit 1 Windung
aufgefaßt. Das wird aber in der "üblichen" Maschenregel meines Wissens
nicht so gehandhabt.
Wenn man die Maschenregel auf einen Stromkreis anwenden will, der selbst
ein Magnetfeld erzeugt, wird das wohl nur auf diese Weise möglich sein.
Post by Stephan Gerlach
Weiterhin habe ich im Allgemeinfall überhaupt keine Spule im Stromkreis
angenommen; wenn überhaupt, dann habe ich den Stromkreis selbst als
Spule angenommen.
Also mir ging es um Stromkreise mit zeitabhängigen Strömen I(t) ganz
allgemein(!)
Für die kann man als Ersatzschaltbild aber immer einen Stromkreis mit
Spule annehmen.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
... dass die Spule an einen Kondensator angeschlossen ist und die
Änderungsrate d(Phi)/dt des magnetischen Flusses über einen langen
Zeitraum konstant ist.
Wie im Schwingkreis?!
So ähnlich, allerdings mit dem Unterschied, dass d(Phi)/dt sich nicht
periodisch ändert, sondern konstant ist (zumindest über einen Zeitraum,
der sehr viel länger ist als der Aufladevorgang des Kondensators).
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Dann ämlich induziert die Flussänderung zunächst einen Strom durch die
Spule, durch den der Kondensator aufgeladen wird. Durch die Aufladung
entsteht zwischen den Kondensatorplatten eine Spannung, die dem
induzierten Strom entgegenwirkt. Irgendwann ist der Kondensator so
weit aufgeladen, dass die Spannung den induzierten Strom völlig zum
Erliegen bringt. Die zwischen den Kondensatorplatten dann herschende
Spannung ist das, was man Induktionsspannung nennt.
Das ist jetzt nochmal eine schöne Erklärung für den Schwingkreis.
Nein, ist es nicht, da es mit einem Schwingvorgang erstmal gar nichts zu
tun hat. Es ist eine schöne Erklärung dafür, unter welchem Umständen der
Begriff der Induktionsspannung sinnvoll ist.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Hintergrund dafür ist, dass ein Wirbelfeld nicht durch ein skalares
Potential, und damit auch nicht durch eine Potentialdifferenz
beschreibbar ist, die Spannung aber gerade eine solche
Potentialdifferenz ist.
Trotzdem nennt man den Ausdruck U_ind in
U_ind = -d(Phi)/dt
Induktions*spannung*
Aber nur wenn man den Spannungsbegriff unpräzise verwendet (solange die
Drahtschleife geschlossen ist).
Bambi
2014-10-05 14:42:46 UTC
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War das jetzt eine Doktorarbeit, Scholten ?

Der Elektrotechniker muß wissen wann das Lötzinn zum Tropfen anfängt, doch der Physiker kennt den Willen des Alls :

Wenn euer Stromkreis kein Wechselstrom ist, dann ist I und B Null.

Wechselstrom strahlt aber IMMER ab.
Bambi
2014-10-07 08:03:24 UTC
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Über das Thema Spule kann man nie genug diskutieren.

Gestern waren zwei 20-jährige Männer und eine 20-jährige Frau im Fernsehen.

Sie hatten den Auftrag in einem Second Hand Shop nach Teilen zu suchen mit denen sie Strom erzeugen könnten.

Die Frau fand 5 Äpfel und einige Metallplättchen die sie in die Äpfel steckte und daran Kabel anlötete.

Sie erzielte 0,8 Volt.

Ein Mann fand eine Flasche Essigsäure sowie Nickel- und Zink-Röhren und machte eine Batterie.

Der andere Mann fand ein paar Permanentmagneten und ein Kabel, das er zu einer Spule wickelte.
Er baute einen Generator.
Bambi
2014-10-07 20:58:23 UTC
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Es ist für Erstsemester schwierig einen Schwingkreis mit Differentialgleichungen zu beschreiben.

1) Weil es eine ideale Spule und einen idealen Kondensator nicht gibt.

2) Strom I und Spannung U - machen wir halt ein paar Punkte drauf.

Ich als Physiker hingegen ließ es mir nicht nehmen in die höhere Matematik einzusteigen, auch wenn ich meistens über meinen Mathebüchern erst um 6 Uhr Früh einschlafen konnte, wenn hingegen um 9 Uhr Früh die nächste Vorlesung schon wieder anfing.

Wikipedia schreibt etwa :

Die Fragen der Existenz, Eindeutigkeit, Darstellung und numerischen Berechnung von Lösungen sind somit je nach Gleichung vollständig bis gar nicht gelöst. Aufgrund der Bedeutung von Differentialgleichungen in der Praxis ist hierbei die Anwendung der numerischen Lösungsverfahren besonders bei partiellen Differentialgleichungen weiter fortgeschritten als deren theoretische Untermauerung.
Eines der Millennium-Probleme ist der Existenzbeweis einer regulären Lösung für sogenannte Navier-Stokes-Gleichungen. Diese Gleichungen treten beispielsweise in der Strömungsmechanik auf.
Stephan Gerlach
2014-10-10 10:56:24 UTC
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Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
1.) Ich habe einen Stromkreis (mit irgendwelchen Bauteilen darin) als
Reihenschaltung, ohne jegliche Verzweigung, d.h. nur eine Masche. Rein
mathematisch kann ich diesen Stromkreis durch eine geschlossene Kurve dA
beschreiben, welche Rand einer Fläche A ist.
2.) In diesem Stromkreis fließe jetzt ein zeitabhängiger Strom I(t).
Diesen Strom setze ich also voraus.
3.) Nach Maxwell-Gleichung rot(H)=j (#) erzeugt dieser Strom I ein
H-Feld und damit B-Feld "um die Kurve dA herum".
Das bedeutet ja in gewisser Weise, daß der Stromkreis selbst eine
Induktivität hat...
Post by Gregor Scholten
Das kann man durch das Ersatzschaltbild beschreiben, dass eine Spule in
den Stromkreis eingebaut ist (deren Induktivität ist hier halt sehr
niedrig).
... Soll die Spule quasi die Induktivität des Stromkreises *ersetzen*?
D.h. man "vergißt" den Fakt, daß der Stromkreis ein B-Feld durch die
Fläche A hindurch erzeugt; und baut (gedanklich) *stattdessen* eine
Spule ein?
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Das B-Feld "durchsetzt"
damit auch die vom Stromkreis eingeschlossene Fläche A. Da I
zeitabhängig ist, ist auch B=B(t) zeitabhängig. Es ist dB/dt != 0.
[...]
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
5.) Integrieren wir nun die Maxwell-Gleichung rot(E)=-dB/dt über die
Fläche A und wenden den Integralsatz von Stokes an, so erhalten wir
-d/dt (Integral_A B dF)
= Integral_A -dB/dt dF
= Integral_A rot(E) dF
= Integral_(dA) E dx.
Hierbei ist das erste in der Rechnung auftretende Oberflächenintegral
Integral_A B dF
gerade der magnetische Fluß Phi durch die Fläche A; das letzte in der
Rechnung auftretende Kurvenintegral
Integral_(dA) E dx
entspricht gerade einer "Umlaufspannung" oder "Ringspannung" U_ind
entlang der Kurve dA.
Zunächst einmal ist das jedoch keine Spannung,
Ich meine zumindest, in einigen Quellen in diesem Zusammenhang von
"Induktionsspannung" gelesen zu haben?!
Evtl. bezog sich das aber auch auf den Fall, daß metallische
Leiterschleifen beteiligt waren, die irgendwo angeschlossen(!) waren.
Post by Gregor Scholten
da eine Spannung per
definitionem eine Potentialdifferenz ist, also die Differenz zwischen
den Potentialen an zwei Punkten im Stromkreis. Bei einer geschlossenen
Kurve sind Anfangs- und Endpunkt der Kurve identisch, ein Potential
müsste daher an beiden Punkten gleich sein (da es nur ein einziger Punkt
ist), und folglich die Potentialdifferenz null.
Eine Potentialdifferenz kann diese "Umlaufspannung" pinzipbedingt
natürlich schlecht sein, schon klar.
Der Begriff "Spannung" wird in diesem Fall wohl tatsächlich oft dann
genau verwendet, wenn die geschlossene Kurve (nur teilweise!) als
metallischer Leiter materialisiert ist. "Teilweise" deswegen, da ja der
Leiter oft irgendwo unterbrochen ist (z.B. an der Spannungsquelle.
Die *geschlossene* Kurve geht trotzdem durch die Unterbrechung hindurch.
Post by Gregor Scholten
Wenn man auf eine korrekte Verwendung des Spannungsbegriffes keinen so
großen Wert legt, kann man die Größe \oint E dr natürlich
"Umlaufspannung" nennen. Das ist im Hinblick darauf sinnvoll, dass in
dem Fall, dass die Drahtschleife nicht geschlossen, sondern zwischen
zwei Klemmen unterbrochen ist (was im Ersatzschaltbild dem Einbau eines
Konndensators entspricht, da die Klemmen im Grunde einen Kondensator
bilden, nur eben mit sehr niedriger Kapazität), und überdies der Ohmsche
Widerstand der Drahtschleife vernachlässigbar ist (R = 0), die an den
Klemmen abgreifbare Spannung (= Potentialdifferenz zwischen den Klemmen)
genau gleich der Größe \oint E dr ist, die man bei exakt geschlossener
http://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetische_Induktion#Unterbrochene_metallische_Leiterschleife
Dieser Fakt scheint wesentlich zu sein: In einem (idealen) metallischen
Leiter ist ja das E-Feld gleich 0; sogar bei außerhalb vorhandenen sich
ändernden Magnetfeldern.
Post by Gregor Scholten
Ist nun der Ohmsche Widerstand der unterbrochenen Drahtschleife nicht
null, so kann man als Ersatzschildbild eine Reihenschaltung aus Spule
(für die Induktivität der Drahtschleife, die das Magnetfeld erzeugt),
Ohmschen Widerstand und Kondensator (für die Klemmen) annehmen. Dabei
kann man dann die aus \oint E dr errechnete Größe U_ind als an der Spule
anliegende Spannung U_L = -U_ind auffassen,
Fehlannahme 1?
Post by Gregor Scholten
die mit der Spannung U_R,
die am Ohmschen Widerstand anliegt, und der Spannung U_C zwischen den
Kondensatorplatten (= Klemmen) gemäß
U_C = U_R + U_L = U_R - U_ind
zusammenhängt.
Und das Aufstellen der Gleichung war gerade Fehlannahme 2, wenn ich das
richtig verstehe?
Post by Gregor Scholten
Dabei macht man die Fehlannahme, dass \oint E dr als an der Spule
anliegende Potentialdifferenz gedacht werden kann. Und wenn man das mit
der zweiten Fehlannahme kombiniert, dass die Maschenregel anwendbar sei,
kommt man damit zu richtigen Ergebnissen.
Ich wollte die Maschenregel in meinem ersten Posting in diesem Faden ja
nicht primär anwenden, sondern hatte generell ihre Gültigkeit bei
Stromkreisen mit sich ändernder Stromstärke dI/dt != 0 infrage gestellt.
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
"...Die Maschenregel ist ein Spezialfall des Induktionsgesetzes und darf
nur bei Abwesenheit zeitlich sich ändernder magnetischer Flüsse
angewandt werden..."
Wenn der sich ändernde magnetische Fluss vom Stromkreis selbst
verursacht wird - was ja deine Annahme war - ist die Maschenregel jedoch
auf die beschriebene Weise trotzdem anwendbar.
Wenn ich mir jetzt obige Gleichung

U_C = U_R + U_L = U_R - U_ind

angucke, dann taucht dort ja ein Term U_ind auf, der letztenendes vom
Stromkreis selbst kommt, der wie von dir beschrieben im
Ersatz-Schaltbild durch eine Spule beschrieben wurde. D.h. ich müßte
also auf *jeden* Fall *immer* eigentlich diesen Term mit einbeziehen?!

Z.B. auch dann, wenn ich den allseits bekannten Fall
"Stromkreis aus Kondensator und Ohmschem Bauelement"
beschreiben will, der das Auf- bzw. Ent-laden eines Kondensators
beschreiben soll?!
Auch dort habe ich ja veränderliche Stromstärke und müßte eigentlich in
die DGL ein U_ind mit einbauen. Habe ich aber so noch nie gesehen. (#)
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Wenn überhaupt, dann folgt aus obigen Überlegungen evtl. eine
Summe_{k=1 bis n} U_k = -d(Phi)/dt
Und wenn man dann d(Phi)/dt als an der Spule anliegende Spannung
umdeutet (was, wie nochmals betont sei, nur dann funktioniert, wenn der
veränderliche magnetische Fluss vom Stromkreis selbst erzeugt wird),
dann stimmt die Maschenregel wieder.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, heißt das, ich darf die
Maschenregel anwenden, auch wenn eine Spule im Stromkreis ist.

Nun gibt es aber Stromkreise *ohne* Spule, z.B. (wie oben erwähnt?)
"Kondensator + Ohmsches Bauelement".
Müßte ich auch dort -d(Phi)/dt eigentlich beachten?

Wenn ich deine bisherigen sowie weiteren Ausführungen beachte, würde ich
dies mit "Ja" beantworten.
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Wenn jetzt den Ausdruck d(Phi)/dt als "U_ind" bezeichnest, also als
"Induktionsspannung" auffasst,
Das mache nicht (nur) ich so, sondern das ist IMHO ja gerade die Aussage
der Maxwell-Gleichung rot(E)=-dB/dt in Integralform.
Deren Aussage ist jedoch nicht, dass der Kreisintegral über die
elektrische Feldstärke eine Spannung sei.
Hat dieses Kreisintegral einen anderen (physikalischen) Namen außer
"Umlaufspannung"?
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Weiterhin habe ich im Allgemeinfall überhaupt keine Spule im Stromkreis
angenommen; wenn überhaupt, dann habe ich den Stromkreis selbst als
Spule angenommen.
Also mir ging es um Stromkreise mit zeitabhängigen Strömen I(t) ganz
allgemein(!)
Für die kann man als Ersatzschaltbild aber immer einen Stromkreis mit
Spule annehmen.
Wird - wie schon oben bei (#) erwähnt - aber (meistens?) nicht gemacht.
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Trotzdem nennt man den Ausdruck U_ind in
U_ind = -d(Phi)/dt
Induktions*spannung*
Aber nur wenn man den Spannungsbegriff unpräzise verwendet (solange die
Drahtschleife geschlossen ist).
Es kommt wohl tatsächlich auf den kleinen, aber feinen Unterschied an,
ob man die Drahtschleife schließt oder nicht.

BTW: Man darf wohl nicht den leichtfertigen Fehler machen, bei Spulen
(vereinfacht mit nur 1 Windung) generell "einmal um die Spule rum"
einfach als geschlossene(!) Kurve zu deuten. Denn die Spule ist ja i.a.
auf beiden Seiten irgendwo an A und B angeschlossen, so daß eine
geschlossene Kurve, die die Spulenwindung enthält (beachte: "enthält",
nicht "ist"), strenggenommen "außen an der Spule vorbei" von B zu A
zurückgehen muß.
--
Post by Gregor Scholten
Eigentlich sollte Brain 1.0 laufen.
gut, dann werde ich mir das morgen mal besorgen...
(...Dialog aus m.p.d.g.w.a.)
Gregor Scholten
2014-10-19 12:45:22 UTC
Permalink
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Das kann man durch das Ersatzschaltbild beschreiben, dass eine Spule
in den Stromkreis eingebaut ist (deren Induktivität ist hier halt sehr
niedrig).
... Soll die Spule quasi die Induktivität des Stromkreises *ersetzen*?
ganz recht.
Post by Stephan Gerlach
D.h. man "vergißt" den Fakt, daß der Stromkreis ein B-Feld durch die
Fläche A hindurch erzeugt; und baut (gedanklich) *stattdessen* eine
Spule ein?
genau so.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Hierbei ist das erste in der Rechnung auftretende Oberflächenintegral
Integral_A B dF
gerade der magnetische Fluß Phi durch die Fläche A; das letzte in der
Rechnung auftretende Kurvenintegral
Integral_(dA) E dx
entspricht gerade einer "Umlaufspannung" oder "Ringspannung" U_ind
entlang der Kurve dA.
Zunächst einmal ist das jedoch keine Spannung,
Ich meine zumindest, in einigen Quellen in diesem Zusammenhang von
"Induktionsspannung" gelesen zu haben?!
es ist trotzdem keine Spannung.
Post by Stephan Gerlach
Evtl. bezog sich das aber auch auf den Fall, daß metallische
Leiterschleifen beteiligt waren, die irgendwo angeschlossen(!) waren.
Wenn sie irgendwo angeschlossen sind, sind sie ja nicht geschlossen,
sondern an den Klemmen unterbrochen. Und da ist dann natürlich schon
eine Spannung definiert.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Wenn man auf eine korrekte Verwendung des Spannungsbegriffes keinen so
großen Wert legt, kann man die Größe \oint E dr natürlich
"Umlaufspannung" nennen. Das ist im Hinblick darauf sinnvoll, dass in
dem Fall, dass die Drahtschleife nicht geschlossen, sondern zwischen
zwei Klemmen unterbrochen ist (was im Ersatzschaltbild dem Einbau
eines Konndensators entspricht, da die Klemmen im Grunde einen
Kondensator bilden, nur eben mit sehr niedriger Kapazität), und
überdies der Ohmsche Widerstand der Drahtschleife vernachlässigbar ist
(R = 0), die an den Klemmen abgreifbare Spannung (= Potentialdifferenz
zwischen den Klemmen) genau gleich der Größe \oint E dr ist, die man
http://de.wikipedia.org/wiki/Elektromagnetische_Induktion#Unterbrochene_metallische_Leiterschleife
Dieser Fakt scheint wesentlich zu sein: In einem (idealen) metallischen
Leiter ist ja das E-Feld gleich 0
Dass das elektrische Feld in einem Leiter verschwindet, gilt nur, wenn
keine leitende Verbindung zur Quelle des externen elektrischen Feldes
vorhanden ist. Bringt man z.B. einen metallischen Block zwischen den
Platten eines Kondensators ein, und zwar so, dass der Block die Platten
nicht berührt, dann verschieben sich durch das vom Kondensator
herrührende elektrische Feld die frei beweglichen Ladungsträger im Block
so, dass sie selbst ein elektrisches Feld hervorrufen, das das Feld vom
Kondensator kompensiert. Auf der Seite des Blocks, die der positiv
geladenen Kondensatorplatte zugewandt ist, bildet sich dann ein
negativer Ladungsüberschuss aus, auf der anderen Seite ein positiver.
Dadurch ist das Innere des Blocks dann feldfrei.

Bei einem elektrischen Stromkreis hingegen ist ja eine leitende
Verbindung vorhanden, daher kann sich keine solche Ladungsverteilung
aufbauen, und folglich das äußere elektrische Feld nicht kompensiert
werden. Nimm z.B. an, der obige Block berührt beide Kondensatorplatten.
Dann fließt der positive Ladungsüberschuss, der der negativ geladenen
Kondensatorplatte zugewandt ist, zu dieser Kondensatorplatte hin ab, so
dass sich kein feldfreier Zustand einstellen kann. Der Abfluss hält
solange an, bis der Kondensator entladen ist.

In einem Stromkreis ist daher, solange ein äußeres elektrisches Feld
angelegt ist, im Leiter auch immer ein elektrisches Feld vorhanden.
Post by Stephan Gerlach
sogar bei außerhalb vorhandenen sich
ändernden Magnetfeldern.
bei einer geschlossenen Leiterschleife, die einem elektrischen
Wirbelfeld, z.B. einem durch ein sich änderndes Magnetfeld induzierten,
ausgesetzt ist, kann sich ebenfalls keine das Feld kompensierende
Ladungsverteilung einstellen, da die Ladungsträger sich ja frei im Kreis
bewegen können. Folglich kann sich auch da kein feldfreier Zustand
ausbilden.

Anders bei der unterbrochenen Leiterschleife: da bilden sich an den
Klemmen elektrische Ladungsüberschüsse aus.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Dabei macht man die Fehlannahme, dass \oint E dr als an der Spule
anliegende Potentialdifferenz gedacht werden kann. Und wenn man das
mit der zweiten Fehlannahme kombiniert, dass die Maschenregel
anwendbar sei, kommt man damit zu richtigen Ergebnissen.
Ich wollte die Maschenregel in meinem ersten Posting in diesem Faden ja
nicht primär anwenden, sondern hatte generell ihre Gültigkeit bei
Stromkreisen mit sich ändernder Stromstärke dI/dt != 0 infrage gestellt.
und ich habe dargelegt, wie man sie trotzdem anwendbar machen kann.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
"...Die Maschenregel ist ein Spezialfall des Induktionsgesetzes und darf
nur bei Abwesenheit zeitlich sich ändernder magnetischer Flüsse
angewandt werden..."
Wenn der sich ändernde magnetische Fluss vom Stromkreis selbst
verursacht wird - was ja deine Annahme war - ist die Maschenregel
jedoch auf die beschriebene Weise trotzdem anwendbar.
Wenn ich mir jetzt obige Gleichung
U_C = U_R + U_L = U_R - U_ind
angucke, dann taucht dort ja ein Term U_ind auf, der letztenendes vom
Stromkreis selbst kommt, der wie von dir beschrieben im
Ersatz-Schaltbild durch eine Spule beschrieben wurde. D.h. ich müßte
also auf *jeden* Fall *immer* eigentlich diesen Term mit einbeziehen?!
Z.B. auch dann, wenn ich den allseits bekannten Fall
"Stromkreis aus Kondensator und Ohmschem Bauelement"
beschreiben will, der das Auf- bzw. Ent-laden eines Kondensators
beschreiben soll?!
Wenn die Induktivität klein genug ist, dass man sie vernachlässigen kann
(was bei einer einfachen Drahtschleifen ohne mehrfache Spulenwindungen
in vielen Fällen erfüllt sein sollte), sollte man den Term U_ind
vernachlässigen können.

Eine Näherung macht man ja ohnehin, da man nicht berücksichtigt, dass
ein sich änderndes elektrisches Feld ein magnetisches Wirbelfeld
hervorruft, man also den Term dE/dt in

rot B = j + dE/dt

vernachlässigt, der für die Emission elektromagnetischer Wellen
wesentlich ist.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Wenn überhaupt, dann folgt aus obigen Überlegungen evtl. eine
Summe_{k=1 bis n} U_k = -d(Phi)/dt
Und wenn man dann d(Phi)/dt als an der Spule anliegende Spannung
umdeutet (was, wie nochmals betont sei, nur dann funktioniert, wenn
der veränderliche magnetische Fluss vom Stromkreis selbst erzeugt
wird), dann stimmt die Maschenregel wieder.
Wenn ich dich richtig verstanden habe, heißt das, ich darf die
Maschenregel anwenden, auch wenn eine Spule im Stromkreis ist.
Ja, indem man U_ind auf die beschriebene Weise behandelt.
Post by Stephan Gerlach
Nun gibt es aber Stromkreise *ohne* Spule, z.B. (wie oben erwähnt?)
"Kondensator + Ohmsches Bauelement".
Müßte ich auch dort -d(Phi)/dt eigentlich beachten?
Da kannst du entweder d(Phi)/dt vernachlässigen, wenn die Induktivität
klein genug ist, oder aber die Induktivität des Stromkreises durch das
Ersatzbild einer Spule erfassen.
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Weiterhin habe ich im Allgemeinfall überhaupt keine Spule im Stromkreis
angenommen; wenn überhaupt, dann habe ich den Stromkreis selbst als
Spule angenommen.
Also mir ging es um Stromkreise mit zeitabhängigen Strömen I(t) ganz
allgemein(!)
Für die kann man als Ersatzschaltbild aber immer einen Stromkreis mit
Spule annehmen.
Wird - wie schon oben bei (#) erwähnt - aber (meistens?) nicht gemacht.
Wenn man die Induktivität vernachlässigen kann, braucht man es nicht zu
machen, und macht es dann meistens auch nicht.
Post by Stephan Gerlach
BTW: Man darf wohl nicht den leichtfertigen Fehler machen, bei Spulen
(vereinfacht mit nur 1 Windung) generell "einmal um die Spule rum"
einfach als geschlossene(!) Kurve zu deuten. Denn die Spule ist ja i.a.
auf beiden Seiten irgendwo an A und B angeschlossen, so daß eine
geschlossene Kurve, die die Spulenwindung enthält (beachte: "enthält",
nicht "ist"), strenggenommen "außen an der Spule vorbei" von B zu A
zurückgehen muß.
Allerdings!
Franz Glaser
2014-10-19 12:50:15 UTC
Permalink
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
Das kann man durch das Ersatzschaltbild beschreiben, dass eine Spule
in den Stromkreis eingebaut ist (deren Induktivität ist hier halt sehr
niedrig).
... Soll die Spule quasi die Induktivität des Stromkreises *ersetzen*?
ganz recht.
Menschen, die in der Nähe der Bahn leben, haben damit nicht nur .sci.
ständig zu tun :-(


GL
--
„Die Freude an der Freiheit hat sich in Furcht vor der Freiheit verwandelt“
(Joachim Gauck)
Stephan Gerlach
2014-10-26 18:42:49 UTC
Permalink
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
sogar bei außerhalb vorhandenen sich
ändernden Magnetfeldern.
bei einer geschlossenen Leiterschleife, die einem elektrischen
Wirbelfeld, z.B. einem durch ein sich änderndes Magnetfeld induzierten,
ausgesetzt ist, kann sich ebenfalls keine das Feld kompensierende
Ladungsverteilung einstellen, da die Ladungsträger sich ja frei im Kreis
bewegen können. Folglich kann sich auch da kein feldfreier Zustand
ausbilden.
Stattdessen müßte permanent Strom fließen?!
Post by Gregor Scholten
Anders bei der unterbrochenen Leiterschleife: da bilden sich an den
Klemmen elektrische Ladungsüberschüsse aus.
[...]
Post by Gregor Scholten
Post by Stephan Gerlach
BTW: Man darf wohl nicht den leichtfertigen Fehler machen, bei Spulen
(vereinfacht mit nur 1 Windung) generell "einmal um die Spule rum"
einfach als geschlossene(!) Kurve zu deuten. Denn die Spule ist ja i.a.
auf beiden Seiten irgendwo an A und B angeschlossen, so daß eine
geschlossene Kurve, die die Spulenwindung enthält (beachte: "enthält",
nicht "ist"), strenggenommen "außen an der Spule vorbei" von B zu A
zurückgehen muß.
Allerdings!
Danke für deine Ausführungen.
Ich glaube, ich habe im Laufe dieses Threads sogar "nebenbei" ein
weiteres Problem, betreffend den Schwingkreis, für mich geklärt:
Und zwar die Wahl des richtigen Vorzeichens beim Term für die
Spulen-Spannung beim Aufstellen der Schwingkreis-DGL, was ich konsequent
nach Maxwell-Gleichungen versucht hatte.
Auch hier scheint obiger Fakt, d.h. die Wahl der richtigen
geschlossenen(!) Kurve an der Spule (für Anwendung der Maxwell-Gleichung
rot(E)=-dB/dt), wesentlich zu sein.
--
Post by Gregor Scholten
Eigentlich sollte Brain 1.0 laufen.
gut, dann werde ich mir das morgen mal besorgen...
(...Dialog aus m.p.d.g.w.a.)
Gregor Scholten
2014-10-26 21:53:27 UTC
Permalink
Post by Stephan Gerlach
Post by Gregor Scholten
bei einer geschlossenen Leiterschleife, die einem elektrischen
Wirbelfeld, z.B. einem durch ein sich änderndes Magnetfeld
induzierten, ausgesetzt ist, kann sich ebenfalls keine das Feld
kompensierende Ladungsverteilung einstellen, da die Ladungsträger sich
ja frei im Kreis bewegen können. Folglich kann sich auch da kein
feldfreier Zustand ausbilden.
Stattdessen müßte permanent Strom fließen?!
Ja, ganz recht. Bei einer geschlossenen Leiterschleife, die einem
elektrischen Wirbelfeld ausgesetzt ist (z.B. durch veränderliches
magnetisches Feld verursacht), fließt permanet ein Strom. Das Ohmsche
Gesetz kann dann zwar nicht als U = R*I formuliert werden, da ein
elektrisches Wirbelfeld nicht durch eine Spannung U beschreibbar ist,
wohl aber in seiner allgemeineren Form

\vec j = \sigma \vec E

wobei \vec j die Stromdichte (Stromstärke pro Leiterquerschnittsfläche)
ist, \vec E die elektrische Feldstärke und \sigma die Leitfähigkeit
(Kehrwert von Widerstand mal Leiterlänge).

Roland Franzius
2014-10-01 07:02:53 UTC
Permalink
Post by Stephan Gerlach
Bei diversen Überlegungen zum ungedämpften elektrischen Schwingkreis
(siehe auch meinen anderen Faden dazu) und weiterhin zu Stromkreisen im
allgemeinen, stieß ich mit einem Kollegen auf folgenden
"interessanten"(?) Sachverhalt, die bekannte Kirchhoff'sche Maschenregel
Die Maschenregel (oder Maschensatz, 2. Kirchhoffsches Gesetz) besagt ja,
daß in einem Stromkreis entlang einer Masche die Summe aller Spannungen
Summe_{k=1 bis n} U_k = 0.
Das gilt auf jeden Fall, solange im gesamten Strom nur Gleichstrom -
d.h. zeitlich konstanter Strom - fließt.
Die Maschenregel wird nun u.a. angewendet, um Differentialgleichungen
für bestimmte elektrische Schaltungen aufzustellen, wobei in der Regel
der zeitliche Verlauf der Spannung U(t) und der Stromstärke I(t)
berechnet werden soll.
Bei eingangs erwähntem ungedämpften elektrischen Schwingkreis
(Spule + Kondensator) in Reihenschaltung,
beim gedämpften elektrischen Schwingkreis
(Spule + Kondensator + Ohmscher Widerstand) in Reihenschaltung,
oder beim Lade- bzw. Entlade-Vorgang eines Kondensators
(Kondensator + Ohmscher Widerstand) in Reihenschaltung.
Das Problem ist nun, daß ja in allen Fällen insbesondere die Stromstärke
I(t) zeitabhängig ist. Aus den Maxwell-Gleichungen,
konkret rot(H)=j und rot(E)=-dB/dt bzw. U_ind=-d(Phi)/dt,
würde dann doch folgen, daß entlang der betreffenden Masche eine
Induktionsspannung erzeugt wird?! Damit wäre aber die Maschenregel gar
nicht gültig?! Denn diese folgt meiner Ansicht nach unmittelbar aus
-d(Phi)/dt=0,
was aber wegen der Zeitabhängigkeit von I(t) gar nicht gilt.
Frage nun dazu: Was berechtigt dazu, beim Aufstellen von oben besagten
Differentialgleichungen überhaupt die Maschenregel anzuwenden?
Ist etwa der Einfluß der magnetischen Flußänderung d(Phi)/dt durch die
Masche im allgemeinen vernachlässigbar, so daß man zumindest sagen kann
"Die Maschenregel gilt in guter Näherung"?
Die Regeln gelten nur, wenn die Wellenlänge sehr groß gegen die
Maschengröße ist.

Das sollte jeder wissen, sofern er mal mit Hochfrequenztechnik,
insbesondere Digitaltechnik zu tun gehabt hat.

Da die Wellenlänge im Vakuum fest mit der Frequenz gekoppelt ist, kann
man es auch so ausdrücken, dass die Widerstände, Kapazitäten und die
Selbst- und Paar-Induktivitäten der Leiterbahnen als Widerstände,
Kondensatorflächen und Spulenstücke keine merkliche Rolle spielen.

Faktisch handelt es sich also um eine nichtrelativistische Näherung, in
der das elektrische Feld längs der Leiter als konstant mit Sprüngen an
R, L, und C - Bauelementen angenommen wird und die Phasensprünge in
allen Maschen sich zu Vielfachen von 2pi addieren.

Bei gedruckten Schaltungen kommt man damit ohne Berücksichtigung der
Phasenverschiebung längs des Leiters bis maximal
Platinengröße=Wellenlänge l=10 cm oder f= c/l ~ 1GHz, bei integrierten
Schaltungen mit Chipgröße 1/10 mm bis 100 GHz.

(Was immer hier jemand dazu zu erzählen versucht, man kann davon
ausgehen, dass er wohl von E-Dynamik nicht mehr als die
Maxwellgleichungen verstanden hat)
--
Roland Franzius
Stephan Gerlach
2014-10-10 11:06:21 UTC
Permalink
[...]
Post by Roland Franzius
Post by Stephan Gerlach
Frage nun dazu: Was berechtigt dazu, beim Aufstellen von oben besagten
Differentialgleichungen überhaupt die Maschenregel anzuwenden?
Ist etwa der Einfluß der magnetischen Flußänderung d(Phi)/dt durch die
Masche im allgemeinen vernachlässigbar, so daß man zumindest sagen kann
"Die Maschenregel gilt in guter Näherung"?
Die Regeln gelten nur, wenn die Wellenlänge sehr groß gegen die
Maschengröße ist.
Dann ist das bei Wikipedia (und nicht nur dort) falsch, bzw.
unvollständig kommuniziert.
Jetzt habe ich tatsächlich noch diese Textpassage gefunden:

"Auch diese Regel gilt für beliebig zeitlich abhängige Ströme und für
Netzwerke mit nichtlinearen Bauelementen."
Post by Roland Franzius
Das sollte jeder wissen, sofern er mal mit Hochfrequenztechnik,
insbesondere Digitaltechnik zu tun gehabt hat.
Da die Wellenlänge im Vakuum fest mit der Frequenz gekoppelt ist, kann
man es auch so ausdrücken, dass die Widerstände, Kapazitäten und die
Selbst- und Paar-Induktivitäten der Leiterbahnen als Widerstände,
Kondensatorflächen und Spulenstücke keine merkliche Rolle spielen.
Ist das "üblicherweise" denn so, daß v.a. die Induktivität der
Leiterbahn keine merkliche Rolle spielt?
Z.B. beim Aufstellen der DGL für die einfache Schaltung
"Kondensator + Ohmsches Bauelement"
(siehe auch mein anderes Posting von gerade eben) habe ich noch nie
gesehen, daß man die Induktivität der Masche (ist ja nur eine einzige)
beachtet.

Oder gilt die entsprechende DGL

U_R + U_C = 0

nur für "hinreichend sinnvolle" (was auch immer das heißen soll) Werte R
(Ohmscher Widerstand) und C (Kapazität).
--
Post by Roland Franzius
Eigentlich sollte Brain 1.0 laufen.
gut, dann werde ich mir das morgen mal besorgen...
(...Dialog aus m.p.d.g.w.a.)
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