Hans-Bernhard Broeker schrieb:
Guten Abend!
Post by Hans-Bernhard BroekerPost by gert_kemmAusgangspunkt ist der physikalische Sachverhalt: Eine Masse bewegt sich
gleichförmig in x-Richtung,
Eben nicht, dennn dieser physikalische Sachverhalt ist bei einer
Kreisbewegung nie und nimmer vorhanden.
Komisch, dass die Masse tangential und mit gleichförmiger
Geschwindigkeit wegfliegt, wenn man die Kopplung zum Drehmechanismus
ausklinkt. Somit gibt es zweifelsohne bei der Kreisbewegung eine
infinitesimal kleine gleichförmige Geschwindigkeitskomponente. Zum
anderen kann diese Bewegung sehr anschaulich von jedem zusammengesetzt
werden: Einen Ball immer von der Seite antippen und er beschreibt eine
Kreisbahn - unterlässt man das antippende radiale Beschleunigen, so
rollt er geradeaus weiter ohne Richtungsänderung. Außerdem ist die
Arbeit mit Grenzwerten nichts neues: Man kann feststellen, dass die
Rechnungen immer genauer übereinstimmen, wenn die Zeitintervalle
verkleinert werden. Da bei diesen Formeln auch die Grundgleichung der
gleichförmigen Bewegung x=v*t vorhanden war gilt diese Beziehung
gerade auch für kleinste Zeitintervalle.
Post by Hans-Bernhard Broeker"Gleichfoermige Bewegung" ist ein Begriff, der per Definition eine erhebliche
Beobachtungsdauer umspannt.
Verstehen wir uns jetzt miss? Welche physikalische Größe bezeichnest
du als "gleichförmige Bewegung"? Für mich ist es eine
geradlinig-gleichförmige Geschwindigkeit mit dem Formelbuchstaben "v"
und der Einheit m/s. Viele Messungen in der Physik werden indirekt
vorgenommen und dann berechnet.
Post by Hans-Bernhard BroekerGleichfoermige Bewegung ist kein Zustand, sondern ein
Vorgang. Es ist ein Fehler, diesen Begriff fuer einen Zustand zu
verwenden, der nur fuer infinitesimal kurze Zeit Bestand hat.
Geschwindigkeiten kannst du nicht so isoliert voneinander betrachten,
sie überlagern sich und bilden für den Moment geometrisch eine
resultierende Geschwindigkeit.
Post by Hans-Bernhard BroekerUnd es ist grobe Schlamperei, Formeln, die *nur* fuer gleichfoermige Bewegung
gelten, stumpf auf andere Bewegungsformen anzuwenden.
Hast du schon einmal etwas von Vektoraddition gehört?
Selbstverständlich können eine gleichförmige Geschwindigkeit mit
x=v*t und eine gleichmäßige Beschleunigung mit y_r=a/2*t² in jedem
Moment zueinander addiert werden.
Post by Hans-Bernhard BroekerDa kommt dann so was raus wie "Terme
mit einem Faktor dt^2 kann man vernachlaessigen
Wobei die Zeitintervalle gegen null strebten und sich so durch
Größenordnungen von den Werten der anderen Größen unterschieden -
erst Recht, wenn die Zeitgröße quadriert wird.
Anbei nocheinmal eine Darstellung der Herleitung, die vielleicht etwas
übersichtlicher ist:
http://www.beepworld.de/members60/gkemme/zentrifugalkraft.htm
Post by Hans-Bernhard BroekerDas ist nicht wirklich besser als unter
Verweis auf mangelnde Mathe-Kenntnisse der Zuhoererschaft die
End-Formel einfach hinzuschreiben.
Der Begriff didaktische Reduktion ist für Lehrer eine
Selbstverständlichkeit, d.h. der Unterrichtsstoff muss dem
Kenntnisstand der Adressatengruppe angepasst werden - wobei ich solche
Gedankengänge auch auf das Medium Newsgroup im Internet übertragen
würde: Hier kann man weder Dissertationen präsentieren, noch sollten
Unerfahrene im Fach Physik durch zu komplexe Beweisführungen
überfordert werden.
Post by Hans-Bernhard BroekerVor allem, das Brett vor deinem Kopf moeglicherweise doch noch zu
durchdringen. Dass das mit sanften Formulierungen nicht funktioniert,
haben wir schon hinlaenglich belegt, also greife ich zu groeberem
Werkzeug.
In alten Zeiten haben sich die Leute dann immer gegenseitig Denselbigen
eingeschlagen. Auf die Begründung kommt es an! Was du da verbal
betreibst, ist Astra-Physik mit einigen Oldesloern zwischendurch - zum
Schluss hat immer der mit dem Karatetraining Recht.
Post by Hans-Bernhard BroekerDie Formeln, die du am Anfang hineinsteckst,
fallen genau so vom Himmel wie die Endformel es in einer eher
konventionellen Unterrichtseinheit zu diesem Thema tun wuerde.
Es wurde bereits von mir erwähnt - experimentel kann die Kreisbewegung
sowohl synthetisch aus einem seitlichen Gegenklopfen gegen einen
gleichförmig geradlinig bewegten Ball zusammengesetzt werden.
Andererseits kann per Unterbrechung der Zentripetalkraft die
tangentiale Bewegung direkt wahrgenommen werden. Drittens ergibt sich
der Ansatz folgerichtig aus der Zuordnung der Formeln zueinander.
Post by Hans-Bernhard BroekerDas allerdings rigoros ausrechnen zu wollen ist Zeitverschwendung, weil die Annahmen
nun mal strenggenommen falsch sind, die Folgerungen daher ebenso.
Welche Annahme soll da falsch sein, dass man keinen Grenzübergang
t-->0 machen darf? Diese Herleitung ist auch bezüglich dieser Thematik
anschaulich: Werden die Ausgangsgleichungen für ein größeres
Zeitintervall angewendet, so ginge man von einer "Zentripetalkraft"
aus, die nicht radial sondern vertikal wirkt - anhand einer
Tabellenkalkulation kann dann wunderbar gezeigt werden, wie sich die
Werte bei immer kleinerem Zeitintervall angleichen und übereinstimmen.
Umgang mit Grenzwerten ist Standard, hier gleich von falsch zu reden,
wirkt sehr spitzfindig.
Post by Hans-Bernhard BroekerDidaktisch fatal ist das, weil es den Eindruck erweckt, Physiker
wuerden sich um Mathematik und Logik einen feuchten Kehricht scheren.
Wie bereits angemerkt, vermisse ich deine Veröffentlichungen und deine
Dissertation. Ansonsten wirkt es mir anmaßend, so für den Berufsstand
der Physiker zu sprechen. Du willst hier das Weltbild einer
einheitlichen festgefügten Physik, das durch Diskurs und Überlegungen
angekratzt wird, verbreiten. Didaktik kennt auch immer prozessuale
Lernziele, es geht auch um das "Physik machen" in Diskussionen mit
Fachleuten, die anderer Auffassung sind.
Post by Hans-Bernhard BroekerEs ist schlimm genug, dass das die Profi-Mathematiker (mit nicht ganz
verschwindender Berechtigung) von den Profi-Physikern denken. Wenn
dieser katastrophale Eindruck bei Schuelern bezueglich so einfacher
Alltagsphysik wie der Kreisbewegung entsteht, kann man sich den
Zeitaufwand des Physikunterrichts auch gleich ganz sparen und alle
Ingeniers-Studiengaenge nur noch mit zugereisten Studenten bevoelkern.
Das sind die typischen Fassaden, die da hochgezogen werden: Wir können
alles - mit dem Mund - hier wird mehr Feinarbeit im Detail gefordert.
Es geht ja hier auch nicht nur um eine Formel ausschließlich für die
Kreisbewegung, sondern allgemein für das Auftreten der
Zentrifugalkraft bei einer kurvenförmigen Bewegung. Du missgönnst
deinen Landsleuten in old Germany den Umgang mit der physikalischen
Wissenschaft - wenn die nicht tun, was du anordnest, dann geht das für
die deutschen Deppen nicht gut aus.
MfG Gerhard Kemme